BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
Das Erfordernis der eindeutigen Bezeichnung der Schuldner im
Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel gemäß § 750 Abs. 1 ZPO
besteht auch dann, wenn die Räumungsvollstreckung ein rechtswidrig besetztes
Grundstück betrifft und es dem Gläubiger im Erkenntnisverfahren ohne
polizeiliche Hilfe nicht möglich ist, die Schuldner namentlich zu bezeichnen.
Der Verzicht auf das Erfordernis einer sicheren
Identifizierung des Schuldners aufgrund der Bezeichnung im Vollstreckungstitel
oder in der Vollstreckungsklausel ist nicht deshalb geboten, weil der
Eigentümer ansonsten vollständig rechtlos gestellt wäre. Eine Räumung gegenüber
Hausbesetzern kann vielmehr nach dem Polizei- und Ordnungsrecht erfolgen.
BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 - I ZB 103/16 - LG Leipzig AG Leipzig
in dem
Zwangsvollstreckungsverfahren
…
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli
2017 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Büscher, die
Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Löffler, die
Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer
des Landgerichts Leipzig vom 21. Oktober 2016 wird auf Kosten der Gläubigerin
zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 10.000 €
Gründe:
1
I. Die Gläubigerin betreibt auf der Grundlage einer
einstweiligen Verfügung die Räumung eines von den Schuldnern rechtswidrig
besetzten Hausgrundstücks.
2
Auf Antrag der Gläubigerin erließ das Landgericht Leipzig
mit Beschluss vom 25. Juli 2016 eine einstweilige Verfügung, mit welcher den
Schuldnern zu 1 und 2 unter Androhung von Ordnungsmitteln aufgegeben wurde, 1.
die im beigefügten Lageplan [näher bezeichnete] Fläche mit sofortiger Wirkung
zugunsten der [Gläubigerin] und mit ihr nach § 15 AktG verbundenen Unternehmen
jederzeit wieder zugänglich zu machen, auch mit Kraftfahrzeugen. Den
[Schuldnern] wird dazu aufgegeben, jegliche anderen Maßnahmen zu unterlassen,
die die Begehbarkeit und Befahrbarkeit der genannten Flächen beeinträchtigen,
2. die im beigefügten Lageplan [näher bezeichnete] Fläche unverzüglich zu
räumen und geräumt an die [Gläubigerin] herauszugeben.
3
Außerdem wurde den Schuldnern untersagt, das
näher bezeichnete Grundstück sowie die darauf befindlichen Gebäude zu betreten
und zu befahren.
4
Im Rubrum der einstweiligen Verfügung ist der Schuldner zu 2
mit seinem Namen und seiner Anschrift aufgeführt. Die Schuldner zu 1 sind wie
folgt bezeichnet:
Eine Anzahl von 40 männlichen und weiblichen Personen, die
sich als „Kulturkollektiv Arno-Nitzsche“ bezeichnen und sich zum Zeitpunkt der
Zustellung auf der im Grundbuch des Amtsgerichts Leipzig eingetragenen Fläche,
Gemarkung …, Blatt …, Flurstück Nr. … dauerhaft aufhalten.
5
Mit Schreiben vom 8. August 2016 beauftragte die Gläubigerin
die Gerichtsvollzieherin mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung an die
Schuldner sowie mit der Durchführung einer beschränkten Räumung gemäß § 885a
ZPO. Die Gerichtsvollzieherin lehnte mit Schreiben vom 9. August 2016 den
Räumungsauftrag mit der Begründung ab, die Schuldner zu 1 seien nicht in Person
identifizierbar. Eine Zustellung der einstweiligen Verfügung sei wegen dieser
Unbestimmtheit ebenfalls nicht möglich. Dagegen hat die Gläubigerin Erinnerung
eingelegt. Das Amtsgericht hat die Erinnerung mit Beschluss vom 15. August 2016
zurückgewiesen. Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts von der Gläubigerin
eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom
Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr
Begehren weiter.
II.
6
Das Beschwerdegericht hat angenommen, das Amtsgericht habe
die Erinnerung der Gläubigerin mit Recht zurückgewiesen, weil die
Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung im Streitfall nicht vorlägen. Entgegen
§ 750 Abs. 1 ZPO seien die Schuldner zu 1 in der einstweiligen Verfügung nicht
namentlich bezeichnet. Die Schuldner zu 1 seien dort auch nicht so klar
bezeichnet, dass sie durch Auslegung des Titels identifiziert werden könnten.
Es sei nicht sicher feststellbar, ob eine auf dem Gelände angetroffene Person
zu der Gruppe der Schuldner zu 1 gehöre und ob diese Person sich dort dauerhaft
aufhalte. Der Umstand, dass es für einen Grundstückseigentümer unmöglich sein
könne, die Besetzer seines Grundstücks individuell zu bestimmen und mit
zivilrechtlichen Mitteln in Anspruch zu nehmen, rechtfertige es nicht, auf eine
bestimmte Bezeichnung der Partei als individuell feststehende Person oder
Personengruppe zu verzichten. Vielmehr führe die Unmöglichkeit der hinreichend
genauen Bezeichnung der Besetzer dazu, dass gerichtlicher Schutz im Sinne von §
2 Abs. 2 SächsPolG nicht rechtzeitig zu erlangen sei
und damit der Schutz des Eigentums der Polizei obliege.
III.
7
Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist
statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst
zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht
hat zutreffend angenommen, dass eine allgemeine Voraussetzung der
Zwangsvollstreckung gemäß § 750 Abs. 1 ZPO nicht vorliegt und die
Gerichtsvollzieherin deshalb mit Recht die Durchführung der beantragten
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen abgelehnt hat.
8
1. Gemäß § 750 Abs. 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung nur
beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem
Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet
sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.
Die Anforderungen des § 750 Abs. 1 ZPO gelten nicht nur für Urteile, sondern
auch für die im Streitfall maßgebliche Vollstreckung von einstweiligen
Verfügungen (§ 795 Satz 1, § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, vgl. Lackmann in
Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 750 Rn. 2 und § 794 Rn. 44; Ulrici in BeckOK.-ZPO, 24. Edition, Stand 1. März 2017, §
750 Rn. 2; Saenger/Kindl, ZPO, 7. Aufl., § 750 Rn.
2).
9
2. Im Streitfall fehlt es in Bezug auf die Schuldner zu 1 an
einer Bezeichnung, die eine hinreichend sichere Identifizierung der durch die
einstweilige Verfügung betroffenen Personen ermöglicht.
10
a) Allerdings fehlt es nicht bereits deshalb an den
Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen, weil die Schuldner zu 1 in der
einstweiligen Verfügung nicht mit ihrem Namen bezeichnet sind. Zwar kann nach
dem Wortlaut von § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Zwangsvollstreckung nur gegen eine
Person begonnen werden, die im Titel oder in der ihm beigefügten
Vollstreckungsklausel als Schuldner namentlich bezeichnet ist. Trotz der
Formenstrenge, die in der Zwangsvollstreckung herrscht, genügt es jedoch, wenn
durch eine Auslegung anhand des Titels ohne weiteres festgestellt werden kann,
wer Partei des Verfügungsverfahrens ist (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 -
I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 339 - Euro-Einführungsrabatt; Beschluss vom 29. Mai
2008 - IX ZB 102/07, BGHZ 177, 12 Rn. 14).
11
b) Von diesen Grundsätzen ist das Beschwerdegericht
zutreffend ausgegangen. Es hat angenommen, die Schuldner zu 1 seien in der
einstweiligen Verfügung nicht so klar bezeichnet, dass sie durch Auslegung des
Titels zweifelsfrei identifiziert werden könnten. Es sei nicht sicher
feststellbar, ob eine auf dem Gelände angetroffene Person zu der Gruppe der
Schuldner zu 1 gehöre. Dass die Mitglieder des sogenannten Kulturkollektivs,
die sich dauerhaft auf der Fläche aufhielten, nicht zeitweise Besuch von
außenstehenden Personen erhielten, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Es
sei nicht feststellbar, dass auf dem bezeichneten Grundstück nur 40 männliche
und weibliche Personen anzutreffen seien, die sich als „Kulturkollektiv
Arno-Nitzsche“ bezeichneten und sich dort dauerhaft aufhielten. Es sei nicht
klar, wie die Zugehörigkeit von anwesenden Personen zu einem „Kulturkollektiv“
festgestellt und die Frage beantwortet werden könne, ob die angetroffenen Personen
sich dort dauerhaft aufhielten. Damit sei durch die Gerichtsvollzieherin nicht
sicher feststellbar, ob eine auf dem Gelände angetroffene Person zu der Gruppe
der Schuldner zu 1 gehöre. Gegen diese Beurteilung wendet sich die
Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
12
c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das
Beschwerdegericht keinen zu strengen rechtlichen Maßstab an die
Schuldnerbezeichnung gemäß § 750 Abs. 1 ZPO angelegt.
13
aa) Dem aus § 750 Abs. 1 ZPO folgenden Erfordernis einer
sicheren Identifizierbarkeit des Vollstreckungsschuldners kommt
rechtssystematisch eine zentrale Bedeutung zu. Durch diese
Vollstreckungsvoraussetzung wird der für das Zivilprozessrecht kennzeichnende
Grundsatz der Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren gesichert,
wonach das Vollstreckungsorgan den durch den Vollstreckungstitel urkundlich
ausgewiesenen Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner nicht zu überprüfen
hat (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 750 Rn. 3, vor § 704 Rn. 14;
Lackmann in Musielak/Voit aaO § 750 Rn. 1; Heßler in MünchKomm.-ZPO,
5. Aufl., § 750 Rn. 5). Die Regelung über die Bezeichnung der
Vollstreckungsparteien in § 750 Abs. 1 ZPO sichert die für die Funktions- und
Verantwortungsteilung zwischen Prozessgericht und Vollstreckungsorgan notwendige
Formalisierung der Vollstreckungsvoraussetzungen, indem es dem
Vollstreckungsorgan ermöglicht, die Identität der Parteien auf der Grundlage
von Titel und Klausel zu bestimmen (vgl. Heßler in MünchKomm.-ZPO
aaO § 750 Rn. 3 und 5; Lackmann in Musielak/Voit aaO § 750 Rn. 1; Ulrici in BeckOK.-ZPO aaO § 750 Rn. 8).
14
bb) § 750 Abs. 1 ZPO sichert zudem nicht lediglich die
Einhaltung einer Formalität. Vielmehr wird durch das Erfordernis der
namentlichen Bezeichnung des Schuldners gewährleistet, dass staatlicher Zwang
nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs gegen die
in dem Titel oder der Klausel genannten Personen ausgeübt wird (BGH, Beschluss
vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 116/03, NJW-RR 2003, 1450,
1451; Beschluss vom 25. Juni 2004 - IXa ZB 29/04,
BGHZ 159, 383, 385 f.; BGHZ 177, 12 Rn. 14; BGH, Beschluss vom 14. August 2008
- I ZB 39/08, NJW 2008, 3287 Rn. 10). Damit wird verhindert, dass durch
staatlichen Zwang in grundrechtlich geschützte Rechte Unbeteiligter
eingegriffen wird.
15
d) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, das Beharren des
Beschwerdegerichts auf streng formalen Kriterien im Vollstreckungstitel werde
dem Phänomen der illegalen Hausbesetzungen bei gleichzeitiger vorsätzlicher
Verschleierung der Identität der Besetzer nicht gerecht. Dieser Sachverhalt
führe dazu, dass letztlich die Gläubigerin als diejenige, die sich redlich und
gesetzestreu verhalte, ohne rechtlichen Schutz und ohne staatliche
Unterstützung bei der Wahrung ihrer Rechte gegen illegale Hausbesetzer bleibe.
Ein solches Ergebnis könne nicht befriedigen. Es könne nicht sein, dass das
Vollstreckungsorgan in Fällen seinen Schutz versage, in denen der
materiellrechtliche Anspruch des Gläubigers offenkundig sei. Es stehe nicht in
Frage, dass die Hausbesetzer – gegen die Gläubigerin als Eigentümerin - zu
keinem Zeitpunkt ein legales Besitzrecht an der betreffenden Liegenschaft
begründen konnten. Es sei deshalb unvertretbar, einen Grundstückseigentümer,
dem eine offenbare Rechtsverletzung widerfahren sei, in solche Kalamitäten zu
treiben, nur weil ihm aus formalen Gründen die Verfolgung seines
Rechtsanspruchs verwehrt sein solle. Dem Grundstückseigentümer werde in einem
Fall der Schutz versagt, in welchem einzig und allein aufgrund deliktischen
Handelns der Schuldner eine Parteibezeichnung nur umschreibend sein könne. Mit
dieser Begründung kann die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben.
16
aa) Das Beschwerdegericht ist mit Recht davon ausgegangen,
dass der Umstand, dass sich die auf dem Grundstück der Gläubigerin anzutreffenden
Personen eindeutig unerlaubt aufhalten, nicht dazu führen kann, dass die im
Streitfall beauftragte Gerichtsvollzieherin die Zwangsvollstreckung ohne das
Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen durchführen darf. Nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können die allgemeinen
Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung zum Erfordernis der bestimmten
Bezeichnung des Vollstreckungsschuldners nicht durch materiell-rechtliche
Erwägungen oder Gesichtspunkte der Billigkeit außer Kraft gesetzt werden (BGH,
NJW-RR 2003, 1450, 1451; BGHZ 177, 12 Rn. 14; BGH, NJW 2008, 3287 Rn. 11;
Lackmann in Musielak/Voit aaO § 885 Rn. 7). Für oder gegen andere als in Titel
oder Klausel bezeichnete Personen darf die Zwangsvollstreckung auch dann nicht
erfolgen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass sie Gläubiger oder Schuldner sind
(BGHZ 177, 12 Rn. 14; BGH, NJW 2008, 3287 Rn. 11). Eine Person, gegen die die
Zwangsvollstreckung stattfinden soll, beruft sich zudem nicht unter Verstoß
gegen den Grundsatz von Treu und Glauben auf eine nur formale Rechtsstellung,
wenn sie geltend macht, die Zwangsvollstreckung sei nach § 750 Abs. 1 Satz 1
ZPO unzulässig, weil sie in dem Titel oder der Klausel namentlich nicht
bezeichnet sei (BGH, NJW 2008, 3287 Rn. 10).
17
bb) Das Beschwerdegericht ist ferner mit Recht davon
ausgegangen, dass es auch die Unmöglichkeit einer hinreichend genauen
Bezeichnung der Besetzer des Grundstücks der Gläubigerin nicht rechtfertigen
kann, vom zentralen Erfordernis einer sicheren Identifizierung der Schuldner
anhand des Vollstreckungstitels abzusehen (ebenso Heßler in MünchKomm.-ZPO
aaO § 750 Rn. 51; Lackmann in Musielak/Voit aaO § 750 Rn. 8; Bendtsen in Kindl/Heller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der
Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 885 ZPO Rn. 23; Giers
in Kindl/Heller-Hannich/Wolf aaO § 750 ZPO Rn. 6; Stürner in BeckOK.-ZPO aaO §
885 Rn. 19; Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 885 Rn. 7; aA
Lehmann-Richter in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., § 885 ZPO Rn. 17; Raeschke-Kessler, NJW 1981, 663; Lisken,
NJW 1982, 1136, 1137; Geißler, DGVZ 2011, 37, 40 f.; Majer, NZM 2012, 67, 70).
18
(1) Die Zulassung eines „Titels gegen Unbekannt“ (vgl. Raeschke-Kessler, NJW 1981, 663; Geißler, DGVZ 2011, 37,
40), eines „Titels gegen den, den es angeht“ (vgl. Lisken,
NJW 1982, 1136, 1137) oder eines „lagebezogenen“ Titels (so Majer, NZM 2012,
67, 70) ist mit der geltenden Rechtslage nicht vereinbar. Das Erfordernis der
namentlichen Bezeichnung des Vollstreckungsschuldners gemäß § 750 Abs. 1 ZPO
sichert in formeller Hinsicht den Grundsatz der Trennung von Erkenntnis- und
Vollstreckungsverfahren, indem es dem Vollstreckungsorgan ermöglicht, die
Identität der Parteien auf der Grundlage von Titel und Klausel zu bestimmen.
Außerdem gewährleistet das Erfordernis der namentlichen Bezeichnung des
Schuldners materiell, dass staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines
urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs gegen die in dem Titel oder der
Klausel genannten Personen ausgeübt wird. Ein lediglich auf die Räumlichkeit
bezogener Räumungstitel ist nach dem Willen des Gesetzgebers mit den
Grundsätzen des deutschen Vollstreckungsrechts nicht vereinbar (vgl. Begründung
des Regierungsentwurfs des MietRÄndG, BR-Drs. 313/12, Seite 47).
19
(2) Der Verzicht auf das Erfordernis einer sicheren
Identifizierung des Schuldners aufgrund der Bezeichnung im Vollstreckungstitel
oder in der Vollstreckungsklausel ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde
auch nicht deshalb geboten, weil der Eigentümer ansonsten vollständig rechtlos
gestellt wäre. Eine Räumung gegenüber Hausbesetzern kann vielmehr nach dem
Polizei- und Ordnungsrecht erfolgen (Heßler in MünchKomm.-ZPO
aaO § 750 Rn. 51; Bendtsen in
Kindl/Meller-Hannich/Wolf aaO § 885 ZPO Rn. 23; Geißler, DGVZ 2011, 37, 39).
Das widerrechtliche Eindringen und Verweilen in Wohnungen, Geschäftsräumen oder
befriedetem Besitztum ist gemäß § 123 Abs. 1 StGB strafbar; die Verletzung
strafrechtlicher Normen stellt stets eine Störung der öffentlichen Sicherheit
im Sinne der polizei- und ordnungsrechtlichen Eingriffsermächtigungen der
Bundesländer dar (vgl. z.B. § 3 Abs. 1 SächsPolG).
Die Beseitigung dieser Störung fällt in die polizeiliche Aufgabenzuständigkeit;
das Polizei- und Ordnungsrecht stellt insoweit auch die zur Durchsetzung
erforderlichen Eingriffsbefugnisse zur Verfügung (vgl. zum Ganzen Geißler, DGVZ
2011, 37, 39; Heßler in MünchKomm.-ZPO aaO § 750 Rn.
51; Bendtsen in Kindl/Meller-Hannich/Wolf aaO § 885
ZPO Rn. 23; Gaul in Gaul/Schilken/ Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht,
12. Aufl., § 22 Rn. 3; Christmann, DGVZ 1984, 101, 105; Degenhart, JuS 1982,
330 f.). Der Pflicht zum Eingreifen der Polizei steht nicht entgegen, dass nach
dem Polizei- und Ordnungsrecht der Bundesländer der Schutz privater Rechte der
Polizei nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu
erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die
Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird (vgl. z.B. §
2 Abs. 2 SächsPolG). Diese Bestimmungen betreffen die
ausschließliche Gefährdung privater Rechte wie etwa das Vermögen oder
Forderungen Privater (vgl. Ullrich in BeckOK.-Polizei- und Ordnungsrecht
Niedersachsen, 6. Edition, Stand 20. Mai 2017, § 2 Rn. 35). Bei Haus- und
Grundstücksbesetzungen geht es jedoch um gemäß § 123 StGB strafbare Handlungen
und damit um die Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne der allgemeinen
polizeilichen Eingriffsermächtigungen. Im Übrigen werden bei Haus- und
Grundstücksbesetzungen regelmäßig auch die Voraussetzungen der Eingriffsvoraussetzungen
des Polizei- und Ordnungsrechts für den polizeilichen Schutz privater Rechte
vorliegen (vgl. Degenhart, JuS 1982, 330, 331).
20
(3) Den im Schrifttum vorgeschlagenen Maßnahmen zur
Vollstreckung eines Räumungstitels gegen Unbekannt durch den Gerichtsvollzieher
stehen außerdem erhebliche rechtliche und praktische Schwierigkeiten entgegen.
So wird vertreten, die Polizei müsse in analoger Anwendung des § 758 Abs. 3 ZPO
oder aber im Wege der Amtshilfe vor der Räumung das betreffende Objekt sichern
und damit gewährleisten, dass nur die aktiven Besetzer und keine
Sympathisanten, aber auch alle aktiven Besetzer angetroffen werden. Sodann
sollten diese nacheinander zur Feststellung der Personalien nach draußen
verbracht werden. Den identifizierten Personen solle der Gerichtsvollzieher
sodann jeweils eine Ausfertigung des gegen unbekannt ergangenen Räumungstitels
aushändigen und dies in einer Liste vermerken. Anhand dieser Liste solle der
Gerichtsvollzieher dann die Zustellungsurkunden erstellen; das zuvor auf
„Unbekannt“ lautende Rubrum der einstweiligen Verfügung sei schließlich gemäß §
319 ZPO entsprechend den nunmehr ermittelten Personalien zu berichtigen (vgl.
Geißler, DGVZ 2011, 37, 40 f.; Raeschke-Kessler, NJW
1981, 663, 664 f.). Diese Vorschläge verdeutlichen nicht nur die erheblichen
rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten bei der Vollstreckung eines
„Räumungstitels gegen Unbekannt“ (vgl. Heßler in MünchKomm.-ZPO
aaO § 750 Rn. 51; Gaul in Gaul/ Schilken/Becker-Eberhard aaO § 22 Rn. 3), sondern
offenbaren, dass es insoweit nicht um die Vollstreckung eines Titels geht, der
- wie gemäß § 130 Nr. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 1, § 313 Abs. 1 Nr. 1, § 750 Abs. 1
ZPO in der Zivilprozessordnung vorgesehen - in einem Erkenntnisverfahren gegen
konkrete Schuldner erlassen wurde. Der Sache nach wird es vielmehr im
Widerspruch zum elementaren zivilprozessualen Grundsatz, dass staatlicher Zwang
nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs gegen die
in dem Titel oder der Klausel genannten Personen ausgeübt wird (BGHZ 159, 383,
385 f.; BGH, NJW-RR 2003, 1450, 1451; BGHZ 177, 12 Rn. 14; BGH, NJW 2008, 3287
Rn. 1), als ausreichend angesehen, dass die Identität des Schuldners erstmals
im Vollstreckungsverfahren durch den Gerichtsvollzieher ermittelt und
festgestellt wird.
21
(4) Angesichts des klaren Wortlauts, der systematischen
Stellung, des gesetzgeberischen Willens, von Sinn und Zweck des Erfordernisses
der namentlichen Bezeichnung gemäß § 750 Abs. 1 ZPO und der rechtlichen und
praktischen Schwierigkeiten bei der Durchsetzung eines Titels gegen Unbekannt
würde es nach alledem die Grenzen der zulässigen richterlichen
Gesetzesauslegung überschreiten, auf diese gesetzliche
Vollstreckungsvoraussetzung zu verzichten, wenn - wie in Fällen von Haus- oder
Grundstücksbesetzungen - eine sichere Identifizierung von Schuldnern im
Erkenntnisverfahren (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) regelmäßig nicht oder nur mit
erheblichen Schwierigkeiten möglich ist und die Schuldner deshalb auch im
Vollstreckungstitel nicht sicher identifizierbar angegeben werden können. Der
Senat verkennt nicht, dass sich in Fällen illegaler Haus- und
Grundstücksbesetzungen ein gesetzliches Defizit bei der Durchsetzung
zivilrechtlicher Räumungsansprüche offenbart. Ein Verzicht auf die gesetzliche Vorgabe
der namentlichen Bezeichnung des Schuldners im Vollstreckungstitel oder in der
Vollstreckungsklausel kann für solche besonders gelagerten Fälle vielmehr -
unter umfassender Abwägung der betroffenen Rechte und Interessen - aber allein
der Gesetzgeber regeln.
22
e) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde schließlich
geltend, die Gerichtsvollzieherin habe zumindest den Versuch unternehmen
müssen, die einstweilige Verfügung zuzustellen. Da die Schuldner zu 1 entgegen
§ 750 Abs. 1 ZPO in der einstweiligen Verfügung nicht namentlich oder doch
sicher identifizierbar bezeichnet worden waren, lag eine wesentliche
Voraussetzung der Zwangsvollstreckung nicht vor. Damit durfte die
Gerichtsvollzieherin den Zwangsvollstreckungsakt der Zustellung der
einstweiligen Verfügung nicht vornehmen.
IV.
23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.