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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
ZPO § 138 Abs. 3, BGB § 249 Abs. 2 Satz 1, § 251 Abs. 1; ZPO § 256; SGB VI § 187
Hat ein Rechtsanwalt in einem Scheidungsverbundverfahren bezifferte Ansprüche
seines Mandanten auf Hausratsteilung geltend gemacht, kann er sich in einem
später gegen ihn geführten Regressprozess nicht darauf beschränken, den Wert der
Gegenstände unsubstantiiert zu bestreiten.
Hat ein Rechtsanwalt dem Mandanten pflichtwidrig zum Abschluss eines Vergleichs
geraten, der zu einem Verlust von Versorgungsausgleichsansprüchen geführt hat,
kann der Mandant lediglich die Feststellung begehren, vom Zeitpunkt der
Rentenberechtigung an so gestellt zu werden, als sei dieser Betrag auf sein
Versicherungskonto eingezahlt worden, wenn eine die Rente erhöhende Zahlung an
den Rentenversicherungsträger nach dem Sozialversicherungsrecht nicht zulässig
ist.
BGH, Urteil vom 11. März 2010 - IX ZR 104/08 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom
12. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter
Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und Grupp
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 33. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Hamm vom 21. Mai 2008 aufgehoben. Auf die Berufung des
Klägers wird das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 29.
August 2007 wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, an den Kläger vom
Zeitpunkt der Erlangung der Rentenberechtigung in der gesetzlichen
Rentenversicherung an fortlaufend Beträge zu zahlen, die erforderlich sind, um
den Kläger so zu stellen, als sei auf seinem Versicherungskonto bei der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Berlin (Versicherungsnummer ...) mit
Wirkung zum 30. Juni 2003 ein Betrag von 27.591 € eingezahlt worden.
Die weitergehenden Rechtsmittel der Parteien werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug haben der Kläger zu 2/3 und die
Beklagten zu 1/3, die Kosten des Berufungsrechtszugs die Kläger zu 1/3 und die
Beklagten zu 2/3 sowie die Kosten des Revisionsrechtszugs der Kläger zu 1/5 und
die Beklagten zu 4/5 zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger wurde in dem Scheidungsverfahren gegen seine Ehefrau durch die in
einer Anwaltssozietät verbundenen beklagten Rechtsanwälte vertreten. In der
mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht schloss der Kläger am 10. Januar 2003
einen Scheidungsfolgenvergleich, durch den er sich unter weitgehendem Verzicht
auf wechselseitige Ansprüche zur Zahlung von 28.000 € an seine Ehefrau
verpflichtete.
2
Der Kläger meint, die Beklagten hätten ihm pflichtwidrig zum Abschluss des
Vergleichs geraten. Die auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 74.524 €
gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen. Auf die in Höhe eines Betrages
von 33.600 € verfolgte Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die
Beklagten zur Zahlung von 27.591 € verurteilt. Mit der von dem Senat
zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren
weiter.
Entscheidungsgründe:
3
Die Revision hat teilweise Erfolg; die Klage ist nur hinsichtlich eines
Feststellungsbegehrens begründet.
I.
4
Das Berufungsgericht meint, der Beklagte zu 1 sei als sachbearbeitender Anwalt,
für dessen Beratungsfehler der Beklagte zu 2 als Mitgesellschafter der
Rechtsanwaltsgesellschaft gesamtschuldnerisch hafte, verpflichtet gewesen, dem
Kläger von dem Abschluss des Vergleichs abzuraten. Im Bewusstsein der von ihm
vorprozessual gefertigten Schreiben hätte der Beklagte zu 1 erkennen müssen,
dass der Vergleich mit ganz überwiegenden Nachteilen für den zugewinn- und
versorgungsausgleichsberechtigten Kläger verbunden gewesen sei. Es sei davon
auszugehen, dass der Kläger bei pflichtgemäßer Beratung den Vergleich nicht
geschlossen hätte. Eine überlange, einer raschen Wiederverheiratung des Klägers
entgegenstehende Verfahrensdauer sei nicht zu befürchten gewesen.
5
Durch den Vergleichsschluss seien dem Kläger Nachteile in Höhe von 57.978 €
entstanden, wovon 34.989 € auf einen unterbliebenen Versorgungsausgleich
entfielen. Wegen durch den Vergleichsabschluss erzielter Vorteile mindere sich
der Schaden im Wege des Vorteilsausgleichs um 24.888 € auf 33.778 €. Da dem
Kläger in einem weiteren Verfahren gegen die Beklagten ein aufrechenbarer Betrag
von 5.499 € rechtskräftig aberkannt worden sei, belaufe sich die berechtigte
Klageforderung auf 27.591 €.
II.
6
Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt rechtlicher Prüfung nicht
stand.
7
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagten
verpflichtet waren, dem Kläger wegen der für ihn damit verbundenen Nachteile vom
Abschluss des Vergleichs abzuraten.
8
a) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die Interessen des Mandanten umfassend und
nach allen Richtungen wahrzunehmen und ihn vor vermeidbaren Nachteilen zu
bewahren. Erwägt der Mandant den Abschluss eines Vergleichs, muss er ihm dessen
Vor- und Nachteile darlegen. Dies gilt in besonderem Maße, wenn es sich - wie im
Streitfall - um einen Abfindungsvergleich handelt (BGH, Urt. v. 13. April 2000 -
IX ZR 372/98, WM 2000, 1353 f). Auch ein ausdrücklicher gerichtlicher
Vergleichsvorschlag vermag den Rechtsanwalt nicht von seiner Verantwortung bei
der Beratung der Partei zu entbinden (OLG Saarbrücken VersR 2002, 1378, 1380;
OLG Frankfurt NJW 1988, 3269 f). Der Anwalt hat von einem Vergleich abzuraten,
wenn er für die von ihm vertretene Partei eine unangemessene Benachteiligung
darstellt (Sieg in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2.
Aufl. Rn. 718) und insbesondere begründete Aussicht besteht, im Falle einer
streitigen Entscheidung ein wesentlich günstigeres Ergebnis zu erzielen (BGH,
Urt. v. 14. Januar 1993 - IX ZR 76/92, NJW 1993, 1325, 1328; v. 7. Dezember 1995
- IX ZR 238/94, NJW-RR 1996, 567, 568; Terbille in Rinsche/Fahrendorf/Terbille,
Die Haftung des Rechtsanwalts 7. Aufl. Rn. 1724). In diesem Fall greift die
Vermutung ein, dass der Mandant dem Vorschlag des Anwalts, von einem
Vergleichsschluss abzusehen, gefolgt wäre (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, aaO S.
1329).
9
b) In Einklang mit diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zu der Würdigung
gelangt, die mit dem Vergleich für den Kläger verbundenen Nachteile hätten die
ihm durch einen wechselseitigen Anspruchsverzicht entstandenen Vorteile so
deutlich überwogen, dass der Beklagte zu 1 verpflichtet gewesen sei, dem Kläger
von einem Vergleichsschluss abzuraten.
10
aa) Das Berufungsgericht hat die an die Beratung durch den Beklagten zu 1 zu
stellenden Anforderungen nicht überspannt. Es hat lediglich eine überschlägige
Bewertung der mit einem Vergleichsschluss verbundenen Vor- und Nachteile anhand
der bei einer streitigen Auseinandersetzung zu berücksichtigenden
Rechnungsposten auf der Grundlage der von dem Beklagten zu 1 hinsichtlich der
einzelnen Positionen selbst ermittelten Werte verlangt. Die darauf aufbauende
tatrichterliche Würdigung, bereits bei dieser Betrachtungsweise hätte dem
Beklagten zu 1 deutlich werden müssen, ein Vergleichsschluss sei so
unvorteilhaft, dass er von einem solchen hätte abraten müssen, ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
11
bb) Für den Vorwurf einer Fehlberatung ist es ohne Bedeutung, dass der nicht
hinreichend berücksichtigte Versorgungsausgleichsanspruch des Klägers keinen
Zahlungsanspruch gegen die frühere Ehefrau zum Gegenstand hatte. Im Rahmen der
Beratung über die Vor- und Nachteile des Vergleichsschlusses musste dieser
Anspruch vermögensmäßig bewertet werden. Ein tauglicher Maßstab hierfür war der
Betrag, den die frühere Ehefrau des Klägers im Rahmen eines ohne den
Vergleichsschluss durchzuführenden Versorgungsausgleichs auf das
Rentenversicherungskonto des Klägers einzuzahlen und den der Beklagte zu 1 in
einem Schreiben an die Gegenseite zutreffend in der Größenordnung eines
Kapitalbetrages von 30.000 € angegeben hatte. Die danach gegebene
Pflichtwidrigkeit wird nicht durch die in anderem Zusammenhang zu erörternde
(vgl. hierzu unten II 4 a) Frage berührt, in welcher Form der Rechtsanwalt für
den Verlust der Durchführung des Versorgungsausgleichs Schadensersatz zu leisten
hat.
12
2. Vergeblich beanstandet die Revision, das Oberlandesgericht habe Vorbringen
der Beklagten nicht berücksichtigt, wonach sich der Kläger wegen der von ihm
gewünschten raschen Ehescheidung und zwecks Vermeidung weiterer
trennungsbedingter Unterhaltszahlungen zum Abschluss des ihm nachteiligen
Vergleichs bereit gefunden habe.
13
Das Oberlandesgericht hat die Darstellung der Beklagten zur voraussichtlichen
Dauer eines streitigen Verfahrens zur Kenntnis genommen und ausdrücklich
gewürdigt. Es ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass eine längere
Verfahrensdauer mit Rücksicht auf die möglichen Gegenstände eines
Verbundverfahrens nicht zu befürchten war. Ansprüche auf Ausgleich des Zugewinns
und Hausratsverteilung konnten nach den unbeanstandeten Ausführungen des
Berufungsgerichts außerhalb des Scheidungsverbunds verfolgt werden. Ferner hat
das Berufungsgericht angenommen, dass das Ehescheidungsverfahren auch bei
Einbringung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs durch die Ehefrau in das
Verbundverfahren binnen weniger Wochen oder Monate beendet gewesen wäre, weil
der Unterhaltsanspruch wegen der weitgehend unstreitigen Einkünfte der Eheleute
keine besonderen Schwierigkeiten aufgeworfen habe. Dieser Würdigung steht die
Aussage der vor dem Landgericht vernommenen, mit dem Ausgangsverfahren betrauten
Familienrichterin nicht entgegen, die insoweit ebenfalls größere Schwierigkeiten
verneint hat. Die Beklagten wären gehalten gewesen, die Prozessführung vor dem
Familiengericht auch in zeitlicher Hinsicht auf die objektiv gegebene Rechtslage
einzurichten. Mithin bestand für den Kläger kein Anlass, wegen der Befürchtung
einer längeren Verfahrensdauer auf den Vergleich einzugehen.
14
3. Das Berufungsgericht hat die dem Kläger durch den Vergleichsschluss -
abgesehen von dem Versorgungsausgleich - entstandenen Nachteile zutreffend mit
insgesamt 22.989 € bemessen. Zu Unrecht wenden sich die Beklagten gegen die dem
Kläger bezogen auf Hausrat und Maklerkosten zuerkannten Schadenspositionen.
15
a) Ohne Erfolg beanstanden die Beklagten, das Berufungsgericht habe im Blick auf
die Werte der bei der Hausratsverteilung zu berücksichtigenden Gegenstände ihr
Bestreiten nicht berücksichtigt.
16
aa) Nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO hat sich jede Partei über die von dem Gegner
behaupteten Tatsachen zu erklären; Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten
werden, sind als zugestanden anzusehen, sofern nicht die Absicht, sie bestreiten
zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Die
erklärungsbelastete Partei hat - soll ihr Vortrag beachtlich sein - auf die
Behauptungen ihres Prozessgegners grundsätzlich "substantiiert" (d.h. mit
näheren positiven Angaben) zu erwidern (BGH, Urt. v. 11. Juni 1985 - VI ZR
265/83, NJW-RR 1986, 60). Ein substantiiertes Vorbringen kann also grundsätzlich
nicht pauschal bestritten werden (BAG NJW 2004, 2848, 2851). Die Verpflichtung
zu einem substantiierten Gegenvortrag setzt aber voraus, dass ein solches
Vorbringen der erklärungsbelasteten Partei möglich ist. Dies ist in der Regel
der Fall, wenn sich die behaupteten Umstände in ihrem Wahrnehmungsbereich
verwirklicht haben (BGH, Urt. v. 6. Oktober 1989 - V ZR 223/87, NJW-RR 1990, 78,
81).
17
bb) Dieser prozessualen Obliegenheit haben die Beklagten durch das bloß
pauschale Bestreiten sämtlicher Einzelpositionen nicht genügt. Das
Berufungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagten die von dem
Kläger im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Werte im Rahmen des zuvor
geführten Scheidungsverfahrens schriftsätzlich selbst als "maßvoll" bezeichnet
haben. Diese Stellungnahme war zwar sicherlich auch von der damaligen
Interessenlage der Wahrnehmung der Rechte des Klägers geleitet. Immerhin hat
aber die Prozessvertretung den Beklagten ausweislich ihrer eigenen Darlegung
umfassende Einblicke in die Vermögensverhältnisse des Klägers verschafft, die es
ihnen ermöglichten, Aussagen zum Wert des Hausrats zu treffen. Vor diesem
Hintergrund war von den Beklagten zu erwarten, dass sie sich zu den insoweit
verfolgten Schadenspositionen jeweils substantiiert äußern (vgl. BGH, Urt. v. 6.
Oktober 1989, aaO). Sie standen infolge ihrer Vorbefassung den Geschehnissen
nicht so fern, dass sie sich auf einfaches Bestreiten beschränken durften (vgl.
BGH, Urt. v. 11. Juni 1985, aaO).
18
cc) Soweit die Beklagten beanstanden, das Berufungsgericht habe den Vortrag, ein
zum Hausrat der Eheleute gehörendes Bild im Wert von 10.000 € habe aufgrund
einer Schenkung im Alleineigentum der Ehefrau gestanden, nicht berücksichtigt,
ist die Verfahrensrüge nicht ordnungsgemäß ausgeführt (§ 551 Abs. 3 Nr. 2 b
ZPO).
19
(1) Nach dieser Vorschrift müssen die Tatsachen, die den Verfahrensmangel
ergeben sollen, in den wesentlichen Punkten genau und bestimmt angegeben werden.
Um dieser Vorschrift, die der Entlastung des Revisionsgerichts zu dienen
bestimmt ist, zu genügen, muss die Revision mindestens auf die entsprechenden
Stellen und Blattzahlen der von der Partei vorgetragenen Schriftsätze hinweisen,
welche die von ihr behaupteten und nach ihrer Meinung übergangenen Behauptungen
und Beweisangebote enthalten sollen (BGHZ 14, 205, 209 f).
20
(2) Die in der Revisionsbegründung enthaltenen Bezugnahmen lassen den
substantiierten Vortrag einer Schenkung an die Ehefrau des Klägers nicht
erkennen: Die Ausführungen der Beklagten befassen sich lediglich mit den Kosten
für die Beauftragung einer Maklerin und dem Versorgungsausgleich, aber nicht dem
Gemälde. Die außerdem in Bezug genommene Stellen sind entweder unergiebig oder
bringen widersprüchlichen Sachvortrag, weil dort einerseits von einer Schenkung
an die Ehefrau, andererseits an beide Ehegatten gesprochen wird. Da auch in dem
von der Revision weiter angeführten Vorbringen nur allgemein von einer Schenkung
die Rede ist, brauchte das Berufungsgericht mangels eines schlüssigen Vortrags
keinen Beweis darüber zu erheben, ob das Bild der Ehefrau des Klägers geschenkt
worden war.
21
dd) Schließlich hat das Berufungsgericht zum Ausgleich für mögliche
Unsicherheiten bei der Bewertung einzelner geltend gemachter Positionen des
Hausrats im Wege einer Schadensschätzung (§ 287 ZPO) zugunsten der Beklagten
einen deutlichen Abschlag vorgenommen (vgl. BGH, Urt. v. 8. November 2001 - IX
ZR 64/01, NJW 2002, 292, 294). Damit hat es zugleich auch dem Umstand Rechnung
getragen, dass nach dem Vortrag der Beklagten einzelne Gegenstände des Hausrats
bereits vor der Eheschließung vorhanden gewesen bzw. zum Zeitpunkt der Scheidung
nicht mehr vorhanden gewesen sein sollen.
22
b) Unter dem Gesichtspunkt der Maklerkosten hat das Oberlandesgericht das als
übergangen gerügte Vorbringen zur Weigerung der Ehefrau des Klägers, sich an den
Kosten der Einschaltung einer Maklerin zu beteiligen, ersichtlich zur Kenntnis
genommen. Es hat jedoch in revisionsrechtlich unbedenklicher tatrichterlicher
Würdigung angenommen, dass die Ehefrau nachträglich die Beauftragung der
Maklerin gebilligt hat.
23
4. Jedoch kann der Kläger von den Beklagten nicht Zahlung in Höhe von 27.591 €
verlangen. Dieser von dem Berufungsgericht zutreffend ermittelte
Schadensrestbetrag betrifft nur noch den dem Kläger durch den Vergleich
entgangenen Versorgungsausgleich. Der Kläger kann insoweit lediglich die im
Leistungsbegehren enthaltene unbeschränkte Feststellung verlangen, dass die
Beklagten verpflichtet sind, an den Kläger vom Zeitpunkt der Erlangung der
Rentenberechtigung in der gesetzlichen Rentenversicherung fortlaufend die
Beträge zu bezahlen, die erforderlich sind, um ihn so zu stellen, als hätten die
Beklagten am 1. Juli 2003 den Betrag von 27.591 € auf sein Versicherungskonto
bezahlt.
24
a) Dem Kläger ist durch das Unterbleiben eines Versorgungsausgleichs ein Schaden
entstanden (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 142/05, WM 2007, 1425, 1427 Rn.
19). Das Berufungsgericht ist ohne weitere Begründung davon ausgegangen, dieser
Schaden sei durch Zahlung des für die Begründung von Rentenanwartschaften in der
entgangenen Höhe erforderlichen Betrages auszugleichen. Eine solche
Schadensberechnung kommt jedoch wegen Unmöglichkeit einer Naturalrestitution (§
249 BGB) nicht in Betracht, sondern geschuldet wird allein Geldentschädigung
nach § 251 BGB.
25
Im Streitfall scheidet aus Rechtsgründen ein Ersatz im Wege der
Naturalrestitution aus. Die hier gegebene rechtliche Unmöglichkeit steht einer
tatsächlichen Unmöglichkeit gleich (Staudinger/Schiemann, BGB Neubearbeitung
2005, § 251 Rn. 6; MünchKomm-BGB/Oetker, 5. Aufl. § 251 Rn. 6). Nach den
Vorschriften des Sozialversicherungsrechts kann das Rentenkonto des Klägers um
die durch den anwaltlichen Beratungsfehler entgangenen Rentenanwartschaften
nicht erhöht werden. In § 187 Abs. 1 SGB VI werden die Fälle, in denen im Rahmen
des Versorgungsausgleichs Beiträge gezahlt werden können, abschließend
aufgeführt (BGHZ 137, 11, 26; Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht/Gürtner,
§ 187 SGB VI Rn. 2). Nach § 187 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI können Beiträge gezahlt
werden, um Rentenanwartschaften, die um einen Abschlag an Entgeltpunkten
gemindert worden sind, ganz oder teilweise wieder aufzufüllen. Diese Vorschrift
ist anwendbar, wenn eine Entscheidung des Familiengerichts zu einer solchen
Minderung geführt hat (Kreikebohm/von Koch, SGB VI 3. Aufl. § 187 Rn. 6; Zweng/Scherer/Buschmann/Dörr,
Handbuch der Rentenversicherung Teil II - SGB VI, § 187 Rn. 2). Hier hat der
durch die anwaltliche Pflichtverletzung zustande gekommene Vergleich gerade
umgekehrt bewirkt, dass es nicht zu einer Entscheidung des Familiengerichts
gekommen ist. Auch ein Fall von § 187 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, wonach Beiträge
gezahlt werden können, um aufgrund einer Entscheidung des Familiengerichts oder
aufgrund einer vom Familiengericht genehmigten Vereinbarung Rentenanwartschaften
zu begründen, liegt nicht vor. Die Vorschrift des § 187 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI
betrifft nur den Finanzausgleich zwischen dem Rentenversicherungsträger und dem
Träger der Versorgungslast (Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht/Gürtner,
§ 187 SGB VI Rn. 7). Eine Begründung von Rentenanwartschaften im Wege des
Schadensersatzes kommt daher rentenrechtlich nicht in Betracht, wenn infolge des
zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses versäumt wurde, zugunsten des
Geschädigten durch eine Entscheidung des Familiengerichts Rentenanwartschaften
in der ihm nach der materiellen Rechtslage zustehenden Höhe zu begründen (vgl.
BGHZ 137, 11, 26 f zu einem Amtshaftungsanspruch gegen den
Rentenversicherungsträger wegen einer dem Familiengericht erteilten unrichtigen
Auskunft).
26
b) Scheidet eine Naturalrestitution aus, ist zugleich ein auf § 249 Abs. 2 Satz
1 BGB gestützter Zahlungsanspruch nicht gegeben.
27
aa) Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der zur Schadensersatz Verpflichtete den Zustand
wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende
Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen
Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt
der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs. 2 Satz
1 BGB). Hierbei handelt es sich um eine Ersetzungsbefugnis des Gläubigers (BGHZ
63, 182, 184; BGH, Urt. v. 11. Dezember 1992 - V ZR 118/92, NJW 1993, 727, 728).
Wenn er von diesem Recht Gebrauch macht, ist er in der Verwendung der
Ersatzleistung frei, ohne den Schadensbetrag zur Wiederherstellung verwenden zu
müssen (BGHZ 66, 239, 241; 133, 155, 158; 154, 395, 398; BGH, Urt. v. 25.
Oktober 1996 - V ZR 158/96, WM 1997, 422, 423).
28
bb) Im Streitfall fehlt es bereits an den Voraussetzungen des § 249 Abs. 2 Satz
1 BGB, weil weder eine Verletzung der Person noch die Beschädigung einer Sache
gegeben ist. Eine entsprechende Anwendung des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB auf andere
Rechtsgutsverletzungen oder auf durch Beratungsfehler entstandene
Vermögensschäden wird - soweit ersichtlich - nicht in Betracht gezogen. Mithin
besteht nur ein Anspruch auf Ersatzleistung in Form von Naturalrestitution nach
§ 249 Abs. 1 BGB oder nach Maßgabe des § 251 BGB.
29
c) Ist eine Herstellung nicht möglich (§ 249 Abs. 1 BGB) und mithin ein Anspruch
aus § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht gegeben, hat der Ersatzpflichtige den
Gläubiger in Geld zu entschädigen (§ 251 BGB). Zu ersetzen ist hierbei die
Differenz zwischen dem Wert des Vermögens, wie es sich ohne das schädigende
Ereignis darstellen würde und dem durch das schädigende Ereignis verminderten
Wert (Staudinger/Schiemann, aaO § 251 Rn. 3; MünchKomm-BGB/Oetker, aaO § 251 Rn.
14; Gehrlein in Budewig/Gehrlein/Leipold, Der Unfall im Straßenverkehr 2008 20.
Kap. Rn. 72).
30
aa) Ohne das schädigende Ereignis hätte der Kläger eine gesicherte Anwartschaft
in der gesetzlichen Rentenversicherung erlangt, die einen auf das hypothetische
Ende der Ehezeit (1. Juli 2003) bezogenen Wert von monatlich 162,61 € gehabt
hätte. Der Vermögenswert dieser Anwartschaft ist nicht mit dem zu ihrer
Erlangung erforderlichen Geldbetrag von 34.989 € zu bemessen. Eine derartige
Betrachtungsweise ließe außer Acht, dass die Anwartschaft zweckgebunden gewesen
wäre und für den Kläger nach dem Rentenversicherungsrecht - abgesehen von dem
hier nicht vorliegenden Sonderfall des § 210 SGB VI - keine Möglichkeit
bestanden hätte, sich diesen Betrag auszahlen zu lassen oder die
Rentenanwartschaft gegen Entgelt zu veräußern. Den in ihr verkörperten Wert
hätte sich der Kläger vor Eintritt in das Rentenalter in keiner Weise zunutze
machen können. Eine Schadensberechnung nach einem Vergleich mit einem ähnlichen
Objekt - das könnten hier die für den Abschluss einer privaten Versicherung
erforderlichen Mittel oder entsprechende Rücklagen sein - scheidet aus. Es ist
unmöglich, das eigenständige System der gesetzlichen Pflichtversicherungen auf
die von diesem wesensverschiedenen, dem Deckungsprinzip verhafteten Systeme
privater Existenzvorsorge umzusetzen, was zur Bemessung der für einen solchen
Ausgleich erforderlichen Aufwendungen nötig wäre (BGHZ 87, 181, 189). Ähnlich
wie bei der Einbuße eines Verlustvortrags, der gleichfalls nur zweckgebunden -
zur Verrechnung mit positiven Einkünften - verwendet werden kann und bei dem ein
ersatzfähiger Schaden erst entstanden ist, wenn sich der Verlust konkret
ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urt. v. 5. Februar 2009 - IX ZR 6/06, WM 2009, 715,
718 Rn. 20), ist der Kläger daher auf die Schadensberechnung bei Eintritt des
Versicherungsfalls angewiesen. Derzeit kann er folglich lediglich Feststellung
der aus § 251 Abs. 1 BGB folgenden Ersatzpflicht beanspruchen.
31
bb) Dieses Ergebnis entspricht der ständigen Rechtsprechung des VI. Zivilsenats
in den Fällen, in denen eine durch einen Dritten verschuldete Verletzung des
Versicherten zu einer Beitragslücke in der sozialen Rentenversicherung geführt
hat. Ein sofortiger Leistungsanspruch besteht danach nur dann, wenn das
Rentenversicherungsrecht dem Verletzten einen Weg zur Fortentrichtung von
Beiträgen eröffnet, auf dem er in wirtschaftlich sinnvoller Weise einem späteren
Rentennachteil vorbeugen kann (BGHZ 69, 347, 348; 97, 330, 332; 101, 207, 211;
116, 260, 263). Fehlt es hieran, bleibt der Verletzte mit seinem
Ausgleichsanspruch für eine Rentenverkürzung auf die konkrete Schadensberechnung
bei Eintritt des Versicherungsfalls angewiesen (BGHZ 87, 181, 188 f; 97, 330,
332; 101, 207, 211; 151, 210, 214). Auch der III. Zivilsenat hat bei der
Verkürzung von Rentenanwartschaften durch eine unrichtige Auskunft des
Versorgungsträgers lediglich die konkrete Schadensberechnung bei Eintritt des
Versicherungsfalls für möglich gehalten (BGHZ 137, 11, 26).
32
cc) Vorliegend ist mithin die Verpflichtung der Beklagten auszusprechen, an den
Kläger vom Zeitpunkt der Erlangung der Rentenberechtigung in die gesetzliche
Rentenversicherung fortlaufend die Beträge zu bezahlen, die erforderlich sind,
um ihn so zu stellen, als wäre mit Rechtskraft des Urteils in dem
Scheidungsverbund eine entsprechende Versorgungsanwartschaft begründet worden
(BGH, Urt. v. 25. Mai 2007, aaO S. 1428 Rn. 26). Dieser Zeitpunkt ist
entsprechend den Feststellungen des Berufungsgerichts auf den 1. Juli 2003
festzusetzen, weil bei Fortsetzung des streitigen Verfahrens zu diesem Zeitpunkt
ein Scheidungsurteil ergangen wäre.
33
d) Ohne Erfolg machen die Beklagten geltend, das Berufungsgericht habe unter
Verstoß gegen § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO Berufungsvorbringen zu britischen
Versorgungsanwartschaften des Klägers, die seinen Anspruch auf
Versorgungsausgleich und mithin den hier verfolgten Schadensersatzanspruch
ermäßigen, außer Acht gelassen.
34
aa) Es handelte sich hierbei um neuen Vortrag im Berufungsverfahren. Zwar ist im
Grundsatz davon auszugehen, dass sich eine Partei auch ohne eine entsprechende
ausdrückliche Erklärung die in einer Beweisaufnahme zutage getretenen Umstände
hilfsweise zu Eigen macht, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet
sind (vgl. BGH, Urt. v. 8. Januar 1991 - VI ZR 102/90, NJW 1991, 1541, 1542; v.
3. April 2001 - VI ZR 203/00, NJW 2001, 2177, 2178; v. 26. Juli 2005 - X ZR
109/03, NJW 2006, 63, 65). Die Aussage der erstinstanzlich als Zeugin
vernommenen, mit dem Ausgangsverfahren betrauten Familienrichterin entbehrt zu
dem Punkt britischer Versorgungsanwartschaften des Klägers jeder auch nur
annäherungsweisen Konkretisierung. Neu ist jedoch Vortrag, wenn
erstinstanzliches Vorbringen erstmals im Berufungsverfahren substantiiert wird
(BGHZ 159, 245, 251; 164, 330, 333).
35
bb) Für die Anwendung des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO genügt nicht, dass
allein das Urteil des Landgerichts ergibt, inwieweit ein Gesichtspunkt für
unerheblich gehalten wird. Vielmehr ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift die
Zulassung des neuen Vorbringens nur dann geboten, wenn die Rechtsansicht des
Gerichts den erstinstanzlichen Sachvortrag der Parteien auch beeinflusst hat und
daher, ohne dass deswegen ein Verfahrensfehler gegeben wäre, (mit-)ursächlich
dafür geworden ist, dass sich Parteivorbringen in das Berufungsverfahren
verlagert (BGH, Urt. v. 19. Februar 2004 - III ZR 147/03, NJW-RR 2004, 927, 928;
BGH, Urt. v. 23. September 2004 - VII ZR 173/03, NJW-RR 2005, 167, 168). Der
unzureichende Sachvortrag der Beklagten ist nicht durch das Landgericht
veranlasst worden. Vielmehr haben die Beklagten zu der fraglichen
Schadensposition bereits erstinstanzlich Stellung genommen, sich aber mit
zusätzlichen Versorgungsanwartschaften des Klägers nicht befasst, obwohl hierzu
der Vortrag des Klägers Anlass bot. Er hat bereits in seiner Anspruchsbegründung
vorgetragen, Rentenanwartschaften aus seiner Militärzeit nicht erworben zu
haben. Dies haben die Beklagten in erster Instanz nicht bestritten.
III.
36
Das angefochtene Urteil kann damit nicht bestehen bleiben. Es ist aufzuheben (§
562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei
Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und die
Sache nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur
Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung zu
treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf die von dem Kläger geltend gemachten Gegenrügen
ist nicht einzugehen, weil der Senat den von dem Berufungsgericht zu Gunsten des
Klägers ermittelten Schadensbetrag ebenfalls zugrunde legt (BFH NJW 1971, 168).