Oberlandesgericht
München
Beschluss
1. Wird aus einem Titel
vollstreckt, in dem die Zahlung Zug-um-Zug von der Vorlage einer schriftlichen
Bürgschaft abhängig gemacht ist, und die Eintragung einer
Zwangssicherungshypothek beantragt, so bedarf die Bürgschaft keiner
öffentlichen Beurkundung oder Beglaubigung.
2. Auch genügt die Zustellung des Originals der
Bürgschaftsurkunde von Anwalt zu Anwalt.
OLG München, Beschluss vom 06.07.2018, Az.: 34 Wx 185/18
In der Grundbuchsache
…
erlässt das Oberlandesgericht München - 34. Zivilsenat -
durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Sprickmann
Kerkerinck, die Richterin am Oberlandesgericht Dr.
Schwegler und den Richter am Oberlandesgericht Kramer am 06.07.2018 folgenden
Beschluss
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die
Zwischenverfügung des Amtsgerichts Starnberg - Grundbuchamt - vom 4. Mai 2018
aufgehoben.
Gründe:
I.
1
Die Beteiligte, eine GmbH, schloss mit dem Beklagten,
Eigentümer des im gegenständlichen Grundbuch gebuchten, aus 2 Grundstücken
bestehenden Grundbesitzes, in einem vor dem Landgericht München I geführten
Rechtsstreit am 16.1.2018 einen Vergleich, der in Ziffern 1 und 2
Zahlungsverpflichtungen mit folgendem Inhalt ausspricht:
1. Der Beklagte verpflichtet sich, 17.857,18 € brutto nebst
Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 13.9.2016 an die Klägerpartei zu zahlen.
2. Der Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin weitere
14.872,83 € brutto zu zahlen, Zug um Zug gegen Vorlage einer
Gewährleistungsbürgschaft, also gem. § 17 Abs. 2 VOB/B eine Bürgschaft eines
Kreditinstituts oder Kreditversicherers, sofern das Kreditinstitut oder der
Kreditversicherer in der Europäischen Gemeinschaft oder in einem Staat der
Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in
einem Staat der Vertragsparteien der WTO-Übereinkommens über das öffentliche
Beschaffungswesen zugelassen ist.
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Unter Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des
Vergleichs nebst Empfangsbestätigung des anwaltlichen Beklagtenvertreters über
den Empfang einer Bürgschaft, Urkundennummer … vom 3.4.2018 im Original sowie
der Kopie der Bankbürgschaft beantragte die Beteiligte mit Anwaltsschriftsatz
am 26.4.2018 die Eintragung jeweils einer Zwangssicherungshypothek wie folgt:
„1. auf dem Grundstück des Schuldners, vorgetragen im
Grundbuch … Flurstück …/2 wegen der Forderung gemäß Z.1.
des Vergleichs i.H.v. 17.857,18 € brutto nebst Zinsen
i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 13.9.2016 an nächstoffener Rangstelle,
2. auf dem Grundstück des Schuldners, vorgetragen im
Grundbuch … Flurstück …/4 wegen der Forderung gemäß Z.2.
des Vergleichs i.H.v. 14.872,83 €.“
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Daraufhin gab das Grundbuchamt mit fristsetzender
Zwischenverfügung vom 4.5.2018 der Beteiligten auf, den Nachweis der Erteilung
und Zustellung der Bürgschaft nach § 726 ZPO jeweils in öffentlicher oder
öffentlich beglaubigter Form zu erbringen. Die Bürgschaftsurkunde müsse
notariell beglaubigt mit einem Vertretungsnachweis an den
Vollstreckungsschuldner zugestellt werden, wobei auch der Nachweis der
Zustellung mit öffentlicher Urkunde zu führen sei.
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Mit der Beschwerde verfolgt die Beteiligte ihre Anträge
weiter. Da es sich um getrennte Anträge handele, hätte das Gericht zumindest
auf den Antrag zu 1. hin die Eintragung vornehmen müssen. Zudem gehe der
Hinweis auf § 726 ZPO fehl. Die Bürgschaftserklärung wurde in beglaubigter
Abschrift nachgereicht.
5
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen und darauf
hingewiesen, dass sich die Zwischenverfügung nicht auf § 726 ZPO, sondern § 756
ZPO stütze.
II.
6
Das als unbeschränkte Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG mit § 71
Abs. 1 GBO) statthafte Rechtsmittel ist in zulässiger Weise eingelegt (§ 73
GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG).
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Die Beschwerde hat Erfolg, da die vom Grundbuchamt
angeführten Hindernisse nicht bestehen.
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1. Soweit die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek über
den Betrag von 17.857,18 € beantragt ist, hat das Grundbuchamt in der
Zwischenverfügung keine Hindernisse aufgezeigt, die der Eintragung im Wege
stünden; denn nach dem eindeutigen Wortlaut des Vollstreckungstitels ist die
Zahlungsverpflichtung gemäß Zif. 1 des Vergleichs
nicht von einer Zug-um-Zug-Leistung der Vollstreckungsgläubigerin abhängig
gemacht. Mit der Beschwerde hat die Beteiligte zudem klargestellt, dass die
beiden Anträge nicht als verbundene Anträge gestellt sind (§ 16 Abs. 2 GBO).
Damit liegen die Voraussetzungen einer Zwischenverfügung hinsichtlich Antrag 1
nicht vor, so dass die Entscheidung insofern aufzuheben ist.
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2. Die Beschwerde ist auch hinsichtlich des Antrags 2
begründet, da die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung
in hinreichender Form nachgewiesen sind.
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a) Die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek nach §§
866, 867 ZPO kommt bei einem Titel, der die Leistungspflicht von einer Zug um
Zug zu bewirkenden Gegenleistung abhängig macht, nach § 765 ZPO nur in
Betracht, wenn dem als Vollstreckungsorgan tätigen Grundbuchamt die
Befriedigung des Schuldners oder dessen Annahmeverzug durch öffentliche oder
öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird und die Zustellung einer
Abschrift der Urkunden entweder bewirkt oder deshalb entbehrlich ist, weil der
Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nach § 756 Abs. 1 ZPO begonnen hatte
(§ 765 Nr. 1 ZPO), oder wenn der Gerichtsvollzieher eine Vollstreckungsmaßnahme
nach § 756 Abs. 2 ZPO durchgeführt hat (§ 765 Nr. 2 ZPO) und dies durch das
jeweilige Protokoll des Gerichtsvollziehers nachgewiesen ist (Senat vom
24.2.2014, 34 Wx 355/13 = Rpfleger 2014, 369/370;
BayObLGZ 1975, 398/404; OLG Hamm Rpfleger 1983, 393; OLG Köln JurBüro 1997,
493/495; Hügel/Wilsch GBO 3. Aufl. Kapitel ZwSi Rn. 77; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn.
2168 und 2178; Zöller/Stöber ZPO 32. Aufl. § 765 Rn. 3; Bittmann in
Wieczorek/Schütze ZPO 4. Aufl. § 867 Rn. 10).
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Das Grundbuchamt ist nicht schon deshalb von der
Verpflichtung befreit, das Vorliegen dieser besonderen Vollstreckungsvoraussetzung
zu prüfen, weil der vorgelegte Titel mit der Vollstreckungsklausel (§§ 724,
725, 750 ZPO) versehen ist. Die Erteilung der Vollstreckungsklausel setzt
nämlich - von hier nicht vorliegenden gesetzlichen Ausnahmefällen abgesehen -
den Nachweis der Befriedigung oder des Annahmeverzugs nicht voraus, § 726 Abs.
2 ZPO (vgl. auch OLG Koblenz Rpfleger 1997, 445).
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b) Ist in dem Titel die Zahlung Zug um Zug von der Stellung
einer Bürgschaft abhängig gemacht, darf nach § 765 ZPO mit der Zwangsvollstreckung
durch das Grundbuchamt als Vollstreckungsgericht nur begonnen werden, wenn der
Gläubiger die ihm obliegende Leistung erfüllt oder in einer den Verzug der
Annahme begründenden Weise angeboten hat und wenn er den Beweis dafür durch
öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden erbringt und die Abschrift der
Urkunde bereits zugestellt ist, § 765 Nr. 1 mit § 756 Abs. 1 ZPO.
Entsprechendes gilt nach § 751 Abs. 2 ZPO, wenn die Vollstreckung nicht von
einer Zug-um-Zug-Leistung, sondern einer Sicherheitsleistung, etwa in Form
einer Bürgschaft, abhängt.
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(1) Der Nachweis der Befriedigung oder des Annahmeverzugs
als Vollstreckungsvoraussetzung muss dabei durch qualifizierte Urkunden
erfolgen (MüKo-ZPO/Heßler 5. Aufl. § 765 Rn. 5), mithin auch den Formvorschriften
des § 29 GBO genügen (OLG Hamm Rpfleger 1983, 393). Dies bedeutet aber nicht,
dass auch eine nach dem Titel vorgesehene privatschriftliche
Bürgschaftserklärung selbst in der Form des § 29 GBO vorzulegen wäre.
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Nach allgemeiner Ansicht zu § 751 Abs. 2 ZPO (vgl. OLG Hamm,
Rpfleger 1975, 261; sich anschließend OLG Hamburg MDR 1982, 588) genügt es für
die Eintragung einer Zwangshypothek, wenn die Übergabe der vom Prozessgericht
als Sicherheitsleistung ohne Formerschwerungen zugelassenen Bankbürgschaft in
privatschriftlicher Form an den Prozessbevollmächtigten des Schuldners durch
öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen ist. Der Nachweis
der Erfüllung oder des Annahmeverzugs ist nämlich geführt, wenn der Zugang oder
das Angebot der Bürgschaft in der im Titel bestimmten Form belegt ist. Die
Sicherheitsleistung nach § 751 ZPO Abs. 2 mit §§ 708 ff. ZPO bezweckt die
Absicherung des Schuldners für den Fall, dass der Titel nach Vollstreckung
aufgehoben wird, die Zug-um-Zug-Leistung die Absicherung der Zahlung nach
Vorleistung. Die Vorschriften dienen damit jeweils vergleichbaren
Schuldnerinteressen. Auch im Fall des § 756 Abs. 1, § 765 Nr. 1 ZPO kann die
Absicherung der Schuldnerinteressen in der Form einer Bürgschaft erfolgen.
Daher ist nicht ersichtlich, warum bei der Sicherheitsleistung geringere
Voraussetzungen bestehen sollten als bei der Zug-um-Zug-Leistung.
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Auch wird eine Zwangsvollstreckung in Forderungen oder
Wertgegenstände nicht davon abhängig gemacht, dass dem Vollstreckungsgericht
oder Gerichtsvollzieher die Bürgschaft in notariell beglaubigter Form vorgelegt
wird. Es ist jeweils nur der Nachweis zu führen, dass eine Zustellung erfolgt
ist (OLG Hamburg MDR 1982, 417). Ein Grund, warum dies im Fall der § 756 Abs.
1, § 765 Nr. 1 ZPO anders zu beurteilen sein sollte, ist nicht ersichtlich und
ergibt sich auch nicht aus den grundbuchrechtlichen Vorschriften.
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(2) Auch zum Nachweis der Zustellung der Bürgschaft bedarf
es nicht der Beauftragung eines Gerichtsvollziehers. Materiellrechtlich genügt
nämlich die Zustellung von Anwalt zu Anwalt, sofern das Bürgschaftsoriginal
übermittelt worden ist (OLG Frankfurt MDR 1978, 490, vgl. auch BGH NJW 1979,
417/418). Auch die ZPO sieht die Übersendung von Urkunden von Anwalt zu Anwalt
gegen Empfangsbescheinigung (§ 195 ZPO) als Möglichkeit der Parteizustellung
neben der Zustellung nach §§ 191 ff ZPO durch den Gerichtsvollzieher vor. Ein
anwaltliches Empfangsbekenntnis nach § 174 ZPO stellt zwar eine Privaturkunde
dar, es hat aber dieselbe Bedeutung wie eine Zustellungsurkunde nach § 182 ZPO
und erbringt Beweis für die Entgegennahme des Schriftstücks und deren Zeitpunkt
(MüKo-ZPO/Häublein § 174 Rn. 13; Musielak/Voit ZPO
15. Aufl. § 174 Rn. 5). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz in §
195 ZPO die Möglichkeit der Zustellung durch Empfangsbekenntnis der Zustellung
durch den Gerichtsvollzieher gleichstellt. Verfahrensrechtlich ist der Zugang
mit der Vorlage des Empfangsbekenntnisses im Original nachgewiesen. Daher ist
der Nachweis des Zugangs auch geführt, wenn bei Zustellung von Anwalt zu Anwalt
das schriftliche Empfangsbekenntnis nach § 195 ZPO vorliegt (MüKo-ZPO/Heßler §
765 Rn. 5; Hügel/Wilsch Kapitel ZwSi
Rn. 65 und 73; Wolfgang Münzberg in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 765 Rn. 1 mit §
750 Rn. 41). Dass § 195 ZPO für das Grundbuchverfahren keine Geltung
beanspruchen könnte, ist nicht ersichtlich. Andernfalls würde der Gläubiger im
Falle der Vollstreckung durch das Grundbuchamt für den Nachweis rein
vollstreckungsrechtlicher Voraussetzungen schlechter gestellt als bei der
Vollstreckung durch das Vollstreckungs- oder Prozessgericht. Der Nachweis der
Zustellung kann auch zuverlässig durch das Original des Empfangsbekenntnisses
geführt werden (vgl. Thomas/Putzo ZPO 39. Aufl. § 195 Rn. 11 und 14).
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c) Vorliegend wurde mit der vollstreckbaren Ausfertigung des
Vergleichs auch das Original der Empfangsbestätigung des gegnerischen
Rechtsanwalts über die Übermittlung des vollstreckbaren Vergleichs und des
Originals der Bürgschaftserklärung sowie eine anwaltlich beglaubigte Abschrift
der Bürgschaftserklärung vorgelegt.
18
Die Voraussetzungen von § 765 Nr. 1 ZPO wurden daher
gewahrt. Das in der Zwischenverfügung genannte Hindernis liegt somit nicht vor.
III.
19
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 22 Abs. 1
GNotKG).
20
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 GBO) liegen nicht vor.