BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
InsO § 133 Abs. 1
Schweigt der Schuldner einer erheblichen, seit mehr als neun
Monaten fälligen Forderung nach anwaltlicher Mahnung und Androhung
gerichtlicher Maßnahmen bis zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids und bietet
er erst nach dessen Rechtskraft die Begleichung der Forderung in nicht näher
bestimmten Teilbeträgen aus seinem laufenden Geschäftsbetrieb an, hat der
Gläubiger die Zahlungseinstellung des Schuldners erkannt.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2018 - IX ZR 144/16 -
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die
mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Prof. Dr. Pape, Grupp und die
Richterin Möhring
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14.
Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 17. Juni 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger ist
Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 3. Juni 2010 über das Vermögen der
L. AG
(nachfolgend: Schuldnerin) am 16. Juli 2010 eröffneten Insolvenzverfahren. Die
Beklagte vermittelt Gewerbeimmobilien.
2
Im Jahr 2008
unterhielt die Schuldnerin in Düsseldorf, Hamburg und Frankfurt insgesamt vier
Restaurants. Sie beabsichtigte, ihren Betrieb um ein fünftes Restaurant in
Berlin zu erweitern. Zu diesem Zweck ließ sie sich von der Beklagten im Juli
2008 Gewerberäume nachweisen. Hierfür berechnete die Beklagte der Schuldnerin
am 13. November 2008 eine Courtage in Höhe von 117.810 €, die zum 1. Dezember
2008 fällig war. Auf diese Rechnung zahlte die Schuldnerin an die Beklagte bis
zum 17. September 2009 einen Betrag von 39.270 €. Nach Aufforderung zur Zahlung
weiterer 78.540 € und anwaltlicher Androhung gerichtlicher Maßnahmen mit
Schreiben vom 17. September 2009 erging am 3. November 2009 gegen die
Schuldnerin ein Vollstreckungsbescheid über 83.889,92 €. Hierauf kündigte diese
der Beklagten gegenüber an, nunmehr Teilleistungen auf die Schuld erbringen zu
wollen, die aus dem laufenden Berliner Geschäftsbetrieb, dessen Aufnahme sich
verzögert habe, erfolgen sollten. Nach dieser Ankündigung zahlte sie am 23. Dezember
2009 einen Betrag von 20.000 €, am 26. Januar 2010 einen Betrag von 20.000 €,
am 23. März 2010 einen Betrag von 10.000 € und in der Zeit vom 20. April bis
20. Mai 2010 an 20 Tagen jeweils einen Betrag von 500 €.
3
Die unter dem
Gesichtspunkt der Vorsatz- und Deckungsanfechtung erhobene Klage auf Rückgewähr
der in der Zeit vom 23. Dezember 2009 bis zum 20. Mai 2010 geleisteten Beträge
ist im ersten Rechtszug erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat das
Rechtsmittel des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Bundesgerichtshof
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
4
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
5
Das Berufungsgericht
hat ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 143
Abs. 1 Satz 1, §§ 129, 133 Abs. 1 InsO zu. Die Behauptung des Klägers, die
Beklagte habe erkannt, dass die Schuldnerin die Zahlungen in der Zeit vom 23.
Dezember 2009 bis zum 20. Mai 2010 mit dem Vorsatz erbracht habe, ihre
Gläubiger zu benachteiligen, sei nicht erwiesen. Ein Gläubiger kenne den
Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, wenn er selbst bei Leistungsempfang
seine Ansprüche ernsthaft eingefordert habe, diese verhältnismäßig hoch seien
und er wisse, dass der Schuldner nicht in der Lage sei, die Forderungen zu
erfüllen. Ersatzweise reiche es auch aus, wenn der Schuldner selbst erkläre,
zahlungsunfähig zu sein, oder der Leistungsempfänger Hilfstatsachen von solcher
Beweiskraft kenne, dass sich daraus eindeutig eine Zahlungseinstellung ergebe.
6
Ein solcher Fall
liege nicht vor. Die vom Kläger vorgetragenen Hilfstatsachen ließen weder für
sich genommen noch in einer Gesamtschau den Schluss zu, die Beklagte habe den
Vorsatz der Schuldnerin, ihre Gläubiger zu benachteiligen, gekannt. Das
Gesamtbild eines "am Rand des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierenden
Schuldners" ergebe sich nicht. Die Beklagte habe zwar gewusst, dass die
offen gebliebene Verbindlichkeit von 78.540 € (wohl) nicht gering gewesen sei,
es habe sich aber nicht um betriebsnotwendige oder fortlaufende
Verbindlichkeiten gehandelt. Eine nur schleppende Tilgung der Forderung, die
ebenfalls ein Beweisanzeichen für die Kenntnis sein könne, liege nicht vor.
Auch wenn die Titulierung einer Forderung, gegen die der Schuldner nichts
einzuwenden habe, ein Beweisanzeichen sein könne, stelle der Erlass des
Vollstreckungsbescheids keine Zäsur dar. Der Zeitablauf sei nur in Zusammenhang
mit der Einschaltung eines Inkassounternehmens von Bedeutung. Dass es der
Schuldnerin gelungen sei, nach der Titulierung über einen Zeitraum von vier
Monaten insgesamt 50.000 € zu zahlen, spreche für deren Zahlungsfähigkeit.
Insoweit sei zu würdigen, dass der Restaurantbetrieb wegen baulicher
Verzögerungen erst sehr viel später als geplant habe eröffnet werden können und
sich die Schuldnerin von der Beklagten eine "Starthilfe" erbeten
habe. Dies deute eher auf eine Priorisierung hin. Deshalb sei es auch nicht von
Bedeutung, dass die Zahlungen nach dem Vortrag des Klägers von
unterschiedlichen Konten bei verschiedenen Kreditinstituten erfolgt seien, was
für "strategische Zahlungen" sprechen könne.
II.
7
Diese Ausführungen
halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Die Begründung,
mit der das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs aus
§ 133 Abs. 1 InsO verneint hat, beruht auf einer unvollständigen Auswertung des
maßgeblichen Sachvortrags.
8
1. Die angefochtenen
Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt
darüber entschieden hat, die ihr im Vollstreckungsbescheid auferlegte
Zahlungspflicht durch Teilzahlungen zu erfüllen. Infolge des Vermögensabflusses
haben die Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO)
ausgelöst (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn.
8 mwN; vom 25. Februar 2016
- IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 9).
9
2. Die aus
revisionsrechtlicher Sicht zum Zeitpunkt der jeweiligen Rechtshandlungen
zahlungsunfähige Schuldnerin hat die Zahlungen mit einem von der Beklagten
erkannten Benachteiligungsvorsatz vorgenommen.
10
a) Die subjektiven
Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem
Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar
aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (BGH, Urteil vom 13. August 2009 -
IX ZR 159/06, ZInsO 2009, 1901 Rn. 8 mwN; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15,
ZInsO 2016, 628 Rn. 11, ständige Rspr.). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist
und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit
Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen
nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Kennt der Gläubiger die
Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen
Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest
erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig
über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Dies gilt insbesondere, wenn der
Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren
Gläubigern des Schuldners mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss (BGH, Urteil
vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZInsO 2013, 190 Rn. 15; vom 24. Oktober 2013
- IX ZR 104/13, ZInsO 2013, 2378 Rn. 11; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 11
mwN).
11
b) Das
Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die
Schuldnerin zum Zeitpunkt der von ihr erbrachten Teilzahlungen bereits
zahlungsunfähig war oder die Zahlungsunfähigkeit erst später eingetreten ist.
Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers gab es am 30. September
2009 zwar bereits fällige offene Verbindlichkeiten in Höhe von 1.477.176,53 €,
die bis zum 4. März 2010 auf 1.632.005,29 € angewachsen sind, was für eine
Zahlungseinstellung sprechen könnte. Nachdem das Berufungsgericht die
Feststellung der Zahlungseinstellung zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen
aber für entbehrlich gehalten hat und die Beklagte diese bestreitet, muss
revisionsrechtlich davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin zum 30.
September 2009 ihre Zahlungen eingestellt hatte und nach § 17 Abs. 2 Satz 2
InsO ihre Zahlungsunfähigkeit vermutet wurde. Ausgehend von dieser Annahme kann
nach dem weiteren revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt die
Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz bei der Beklagten nicht verneint werden.
12
c) Zwar beschränkt
sich die revisionsgerichtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zur Kenntnis
des Benachteiligungsvorsatzes getroffenen Feststellungen darauf, ob sich der
Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend
und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also
vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und
Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 12 mwN).
Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht
stand. Das Berufungsgericht hat maßgebliche, aus Sicht der Beklagten auf eine
Zahlungseinstellung der Schuldnerin deutende Beweisanzeichen nicht beachtet und
bei seiner Würdigung, die unterbliebene Zahlung der Schuldnerin habe aus der
Sicht eines Außenstehenden anstelle einer Zahlungsunfähigkeit auf der fehlenden
Betriebsnotwendigkeit der Bezahlung der Maklercourtage und der verzögerten
Aufnahme des Restaurantbetriebs der Schuldnerin in Berlin beruht, gegen
Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen. Dies gilt auch für die Annahme des
Berufungsgerichts, die Beklagte habe davon ausgehen können, die Schuldnerin
habe der Begleichung ihrer Forderung nur keine Priorität eingeräumt.
13
aa) Das monatelange
völlige Schweigen der Schuldnerin auf die Rechnung der Beklagten kann schon für
sich genommen ein Indiz für eine Zahlungseinstellung begründen (BGH, Urteil vom
25. Februar 2016, aaO Rn. 13 mwN).
14
(1) Die Forderung der
Beklagten war der Schuldnerin am 13. November 2008 in Rechnung gestellt worden
und am 1. Dezember 2008 fällig. Bis zum 30. September 2009 hatte die
Schuldnerin eine Zahlung in Höhe von 39.270 € erbracht, wobei die Beklagte die
ausstehende Bezahlung der Restforderung auf bauliche Verzögerungen bei der
Einrichtung des Restaurantbetriebes in Berlin zurückführte. Ob die Schuldnerin
zu der ausstehenden Begleichung der ganz erheblichen Forderung überhaupt eine
Erklärung abgab und ob es vor Einschaltung eines Rechtsanwalts Mahnungen gab,
ist nicht festgestellt. Jedenfalls ließ die Beklagte am 17. September 2009 die
Schuldnerin anwaltlich mahnen und drohte die Einleitung gerichtlicher Maßnahmen
an. Durch diese nachdrückliche Zahlungsaufforderung mit der Androhung von
Zwangsmaßnahmen entfaltete die Beklagte einen erheblichen Zahlungsdruck. Dieser
gab der Schuldnerin allen Anlass, sich zur Vermeidung der angekündigten
kostenträchtigen gerichtlichen Maßnahmen wegen der Begleichung der Forderung,
mit der sie sich nunmehr seit neuneinhalb Monaten in Verzug befand und der sie
keine Einwendungen entgegenzusetzen hatte, schleunigst mit der Beklagten in
Verbindung zu setzen. Stattdessen ließ es die Schuldnerin bis zum Erlass des
Vollstreckungsbescheids am 3. November 2009 kommen. Dies stellt im Blick auf
die besonderen zeitlichen Abläufe (insoweit anders als in BGH, Urteil vom 22.
Juni 2017, ZInsO 2017, 1616) entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine
Zäsur dar, aus der die Beklagte Rückschlüsse auf die Zahlungsunfähigkeit der
Schuldnerin ziehen musste. Nachdem die Schuldnerin angesichts des intensiven
Zahlungsverlangens mit der alsbaldigen Geltendmachung gerichtlicher Schritte
rechnen musste, deutete ihr monatelanges Schweigen gerade aus der Sicht der
Beklagten nach aller Erfahrung nicht - wie das Berufungsgericht meint - auf
zeitnah überwindbare Anlaufschwierigkeiten bei der Einrichtung des
Restaurantbetriebs in Berlin hin, sondern auf schwerwiegende
Liquiditätsprobleme. Im Falle fortbestehender Zahlungsfähigkeit hätte es der
Interessenlage der Schuldnerin entsprochen, nach Erhalt des anwaltlichen
Mahnschreibens entweder begründete Einwendungen gegen die Forderung zu erheben
oder diese zur Vermeidung einer zu befürchtenden kostenträchtigen gerichtlichen
Inanspruchnahme umgehend zu tilgen. Mit Anlaufschwierigkeiten des
Restaurantbetriebs in Berlin war der inzwischen seit fast einem Jahr
ausstehende Ausgleich der Forderung und das fast zwei Monate dauernde Schweigen
der Schuldnerin zwischen der anwaltlichen Mahnung und dem Erwirken des
Vollstreckungsbescheides am 3. November 2009 nach aller Erfahrung nicht zu
erklären. Als im Wirtschaftsverkehr allein realistische Schlussfolgerung
begründete der knapp einjährige Zahlungsverzug der Schuldnerin, die keine
Einwendungen gegen die Forderung erhob, die Annahme unüberwindlicher
Zahlungsschwierigkeiten. Die in dem einjährigen Herausschieben der Forderung
zum Ausdruck kommende schlechte Zahlungsmoral verdeutlichte entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Schuldnerin am Rande des
finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar
2016, aaO Rn. 14; MünchKomm-InsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 30).
Mit Anlaufschwierigkeit bei der Einrichtung des Betriebs in Berlin war das
Zahlungsverhalten der Schuldnerin ohnehin - entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts - nicht zu erklären, weil die Schuldnerin über vier weitere
Restaurants in anderen deutschen Großstädten verfügte, hinsichtlich derer die
Beklagte keine Umstände geltend gemacht hat, die auf kurzfristig überwindbare
Liquiditätsprobleme hindeuteten.
15
(2) Entgegen der
weiteren Würdigung des Berufungsgerichts ließ sich auch das prozessuale
Verhalten der Schuldnerin, die sich gegen den Mahnbescheid nicht verteidigte
und es zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids kommen ließ, bevor sie
Teilzahlungen anbot und diese Ende Dezember 2009 aufnahm, nicht auf zeitlich
überschaubare bauliche Probleme zurückführen. Durch das weitere Schweigen auf
die Androhung gerichtlicher Maßnahmen bis zum Erlass des
Vollstreckungsbescheids waren erhebliche zusätzliche Kosten angefallen, die ein
zahlungsfähiger Schuldner durch Begleichung der begründeten Forderung vermieden
hätte. Auch insofern offenbarte die monatelange völlige Untätigkeit der
Schuldnerin und die Inkaufnahme des von vornherein aussichtslosen gerichtlichen
Verfahrens, dass sie mangels flüssiger Zahlungsmittel lediglich Zeit zu
gewinnen suchte. Mit dem Angebot, Teilzahlungen zu erbringen, offenbarte die
Schuldnerin entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts, das einfach
unterstellt hat, die Schuldnerin hätte die Forderung der Beklagten nicht
erfüllt, weil sie diese nicht für vordringlich gehalten hat, sehr wohl, dass
sie zum baldigen Ausgleich der Forderung nicht in der Lage war. Dies musste die
Beklagte insbesondere aus der Ankündigung entnehmen, die Zahlungen nur aus den
laufenden Einnahmen des Berliner Restaurants tätigen zu können. Die Schuldnerin
kam damit aus der Warte der Beklagten nur der Vollstreckung aus dem
Vollstreckungsbescheid, die nach der Titulierung der Forderung ernsthaft
drohte, zuvor. Ihr Unvermögen, im Falle einer Vollstreckung den Gesamtbetrag zu
zahlen, ergab sich ohne weiteres aus der Ankündigung, Teilzahlungen in
unbestimmter Höhe nur aus dem laufenden Geschäftsbetrieb erbringen zu können.
16
bb) Ein weiteres
Indiz einer Zahlungseinstellung verkörperte sich in dem für die Beklagte
infolge des Zeitablaufs zutage getretenen Unvermögen der Schuldnerin, die
erhebliche Verbindlichkeit der Beklagten zu tilgen.
17
(1) Ein Gläubiger
kennt die Zahlungseinstellung schon dann, wenn er selbst bei Leistungsempfang
seine Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und
er weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen
(BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 17 mwN). Aus Rechtsgründen genügt
es, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer - nicht
unwesentlichen - Forderung dem Anfechtungsgegner bekannt wird (BGH, Urteil vom
11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, ZInsO 2010, 673 Rn. 39 mwN). In dieser Weise
verhält es sich im Streitfall.
18
(2) Die Beklagte
hatte ihre noch immer hohe Restforderung von mehr als 78.540 € über einen
längeren Zeitraum von mehr als neun Monaten ab der ersten Rechnungsstellung
vergeblich eingefordert. Ob es sich dabei um eine betriebsnotwendige oder
fortlaufende Forderung handelte, ist entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts ohne Bedeutung. Gleichwohl war die Schuldnerin ersichtlich außerstande,
die Verbindlichkeit zu tilgen. Selbst die Einschaltung eines Rechtsanwalts und
die Betreibung des Mahnverfahrens sowie der Antrag auf Erlass eines
Vollstreckungsbescheids konnten die Schuldnerin nicht zur Zahlung bewegen.
Angesichts der zeitlichen Gegebenheiten gestattete bereits die schlichte
Nichtbegleichung der offenen Forderung, deren Berechtigung zu keinem Zeitpunkt
im Zweifel stand, den Schluss auf eine Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Beschluss
vom 12. Juli 2012 - IX ZB 264/11, ZInsO 2012, 1418 Rn. 9; Urteil vom 25.
Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 18). Mit dem Fall, dass sich
der Schuldner einer geringfügigen Forderung gegenüber dem Gerichtsvollzieher
zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung bereiterklärt und diese dann auch einhält
(vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 2017 - IX ZR 178/16, ZInsO 2017, 1881), ist
dies nicht vergleichbar. Aus der mehr als einjährigen Zahlungsverzögerung
konnte und musste die Beklagte entnehmen, dass die Schuldnerin nicht in der
Lage war, ihre Verbindlichkeiten zurückzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 20.
Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZInsO 2008, 273 Rn. 35; vom 25. Februar 2016, aaO
Rn. 18). Da die Beklagte mit weiteren Gläubigern der gewerblich tätigen
Schuldnerin rechnen musste, war sie über deren Zahlungseinstellung unterrichtet
(vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 18). Dies folgt schon aus dem
Umstand, dass ihr die Schuldnerin erklärt hatte, die Teilzahlungen nur aus den
laufenden Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin erbringen zu können.
Hieraus musste die Beklagte entnehmen, dass die Schuldnerin, welche auch die
Kosten dieses Betriebes aus diesen Einnahmen bestreiten musste, am finanziellen
Abgrund stand. Sie war entweder nicht in der Lage, ihre Miete, den Wareneinkauf
und das Personal zu bezahlen, wenn sie die Forderung der Beklagten durch
Einmalzahlung aus den Einnahmen beglich, oder sie konnte ihre laufenden Kosten
decken und nur den verbleibenden Rest zur ratenweisen Rückführung der
Maklerforderung einsetzen.
19
cc) Schließlich
offenbarte sich in dem als alternativlos unterbreiteten Vorschlag der
Schuldnerin, Teilzahlungen aus dem Restaurantbetrieb in Berlin zu erbringen,
gegenüber der Beklagten ein zusätzliches Indiz einer Zahlungseinstellung.
20
(1) Die Bitte des Schuldners
auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung ist, wenn sie sich im Rahmen der
Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine
Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit. Die Bitte um eine
Ratenzahlungsvereinbarung kann auf den verschiedensten Gründen beruhen, die mit
einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von
Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der
Aufnahme eines ohne weiteres erlangbaren Darlehens
(BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 6/14, ZInsO 2015, 898 Rn. 3; Urteil
vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 20). Eine Bitte um Ratenzahlung ist jedoch ein
Indiz für eine Zahlungseinstellung, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung
verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu
können (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZInsO 2011, 1410 Rn.
17; Beschluss vom 16. April 2015, aaO Rn. 4 mwN).
21
(2) In dieser Weise
verhält es sich im Streitfall. Die Schuldnerin war die Begleichung der
Forderung über viele Monate schuldig geblieben und gut neun Monate nach
Fälligkeit hatte die Beklagte ohne Erfolg die Zahlung der rückständigen
Rechnungen durch einen Rechtsanwalt angemahnt. Danach hatte die Beklagte den
Rechtsanwalt mit dem Forderungseinzug betraut. Mangels Zahlung der Schuldnerin
hatte die Beklagte einen Vollstreckungsbescheid erwirkt, auf den die
Schuldnerin nicht zahlte. Die erst nach Offenbarwerden der
Zahlungsschwierigkeiten erfolgte Ankündigung, nunmehr Teilzahlungen auf die
Forderung aus den Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin in nicht näher
bezeichneter Höhe und Zeit leisten zu wollen, entspricht nicht den üblichen
Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs. Ebenso entspricht es entgegen der
Ansicht des Berufungsgerichts nicht diesen Gepflogenheiten, einem Gläubiger,
dessen Forderung seit über einem Jahr rückständig ist, eine Starthilfe
abzuverlangen. Ein solches Ansinnen kann vielmehr nur als erzwungene weitere
Stundung zugunsten eines insolventen Schuldners - eine Stundungsvereinbarung
haben die Schuldnerin und die Beklagte nicht getroffen - verstanden werden.
Kein redlicher Schuldner lässt sich, ohne die geltend gemachte Forderung sachlich
abwehren zu wollen, gerichtlich in Anspruch nehmen, nur um die Zahlung
hinauszuzögern und dem Gläubiger ein Teilzahlungsangebot abzuringen. Das
Verlangen einer Starthilfe von einem Gläubiger, mit dem der Schuldner sonst in
keiner Geschäftsbeziehung steht, kann ebenfalls nicht als Erscheinung des
normalen Geschäftsverkehrs angesehen werden, sondern erscheint auf dem
Hintergrund eines mehr als einjährigen Zahlungsverzugs höchst ungewöhnlich.
Dabei fällt ins Gewicht, dass die Schuldnerin nach Titulierung der Forderung
nicht einmal in der Lage war, die Forderung innerhalb von drei Monaten zu
tilgen, und schließlich nur noch tägliche Zahlungen von jeweils 500 € erbringen
konnte, ohne die Forderung vollständig auszugleichen.
22
(3) Im Blick auf diese
Art der Schuldentilgung deutet - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
- auch der Umstand, dass die Teilzahlungen über bei unterschiedlichen
Kreditinstituten unterhaltene Konten erfolgten, darauf hin, dass es sich um
strategische Zahlungen der Schuldnerin handelte, die sich zur Schonung der
schwindenden Liquidität auf Teilzahlungen über gerade eine hinreichende Deckung
ausweisende Konten beschränkte, was eine Zahlungseinstellung erkennen ließ
(vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn. 21 mwN).
Dass die Zahlungen über unterschiedliche Konten erfolgten, war mit der
Ankündigung, sie aus den Einnahmen eines der Restaurants leisten zu wollen,
nicht in Einklang zu bringen. Vor diesem Hintergrund ging es der Schuldnerin
angesichts des monatelangen Zahlungsrückstands entgegen der Würdigung des
Berufungsgerichts ersichtlich nicht darum, verfügbare Finanzmittel anderweitig
einzusetzen. Vielmehr konnte die angesichts der Titulierung der Forderung
erfolgte einseitige Ankündigung der Schuldnerin, nunmehr Teilzahlungen in
ungenannter Höhe und innerhalb einer nicht näher bestimmten Zeit aus den
Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin erbringen zu wollen, nur dahin
verstanden werden, ihre fälligen Verbindlichkeiten anders nicht begleichen zu
können (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 21). Einer ausdrücklich
erklärten Erfüllungsverweigerung oder eines sonstigen Verhaltens der
Schuldnerin, das ihre Zahlungsunfähigkeit dokumentierte, bedurfte es nicht (BGH,
Urteil vom 22. November 1990 - IX ZR 103/90, ZIP 1991, 39, 40).
23
dd) Bei dieser
Sachlage haben sich mehrere Beweisanzeichen verwirklicht, die aus Sicht der
Beklagten nur auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin und damit auf einen
Benachteiligungsvorsatz hindeuteten (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR
134/10, ZInsO 2011, 1410 Rn. 18; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 22). Nach der
fruchtlosen monatelangen Beitreibung ihrer erheblichen Forderung und der
Ankündigung von Teilzahlungen angesichts der drohenden Vollstreckung aus einem
Vollstreckungsbescheid konnte sich die Beklagte der Tatsache nicht
verschließen, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und eine bevorzugte
Befriedigung der Beklagten zum Nachteil anderer Gläubiger zumindest billigend
in Kauf nahm. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann deshalb keinen
Bestand haben.
III.
24
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO) kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts mangels Feststellung der Zahlungsunfähigkeit/Zahlungseinstellung nicht treffen. Hinsichtlich der Zahlungen, welche die Schuldnerin in der Zeit vom 23. März 2010 bis zum 20. Mai 2010 geleistet hat, wird sich das Berufungsgericht auch mit den Voraussetzungen des § 130 InsO zu befassen haben, den es bislang nicht in den Blick genommen hat.