BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
Tilgt der Schuldner eine zum Zwecke des Forderungseinzugs
treuhänderisch abgetretene Forderung gegenüber einem Inkassounternehmen als
Forderungszessionar, kann die Zahlung nach Weiterleitung an den ursprünglichen
Forderungsinhaber nur diesem gegenüber und nicht gegenüber dem
Inkassounternehmen angefochten werden.
BGH, Beschluss vom 24. September 2015 - IX ZR 308/14 - OLG
Jena
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Bär
am 24. September 2015 beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 4. Dezember 2014 gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.
Den Parteien wird Gelegenheit gegeben, bis zum 30. November 2015 Stellung zu nehmen.
Der Streitwert wird auf 25.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Antrag vom 11.
August 2011 über das Vermögen der W.GmbH (nachfolgend:
Schuldnerin) am 27. September 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
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Die Schuldnerin setzte die Beklagte zu 1 als Lieferantin von
Fensterelementen bei einem Bauvorhaben als Subunternehmerin ein. Aus der
Geschäftsbeziehung standen zugunsten der Beklagten zu 1 Ende des Jahres 2010
erhebliche Rechnungsbeträge offen. Nachdem mehrere Mahnungen gegenüber der
Schuldnerin fruchtlos blieben, übertrug die Beklagte zu 1 den Forderungseinzug
auf die Beklagte zu 2, die ein Inkassounternehmen betreibt. Im Rahmen einer mit
der Beklagten zu 2 getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung entrichtete die
Schuldnerin von Februar bis Juni 2011 insgesamt 25.000 € auf die Forderung der
Beklagten zu 1.
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Der Kläger nimmt die Beklagten im Wege der
Insolvenzanfechtung als Gesamtschuldner auf Erstattung dieses Betrages
zuzüglich Nebenforderungen in Anspruch. Das Oberlandesgericht hat der Klage
gegenüber der Beklagten zu 1 stattgegeben und sie gegenüber der Beklagten zu 2
abgewiesen. Die Verurteilung der Beklagten zu 1 ist rechtskräftig, nachdem der
Senat ihre Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss vom heutigen Tage
zurückgewiesen hat. Mit der insoweit von dem Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren gegen die Beklagte zu 2 weiter.
II.
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Der Senat beabsichtigt, nach § 552a
ZPO zu verfahren. Ein Zulassungsgrund greift nicht durch, weil die hier zu
entscheidende Rechtsfrage in Übereinstimmung mit der zutreffenden rechtlichen
Würdigung des Berufungsgerichts geklärt ist.
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Tilgt der Schuldner eine zum Zwecke des Forderungseinzugs
treuhänderisch abgetretene Forderung gegenüber einem Inkassounternehmen als
Forderungszessionar, kann die Zahlung - wie sich aus dem Senatsurteil vom 3.
April 2014 (IX ZR 201/13, WM 2014, 1009) ergibt - nach Weiterleitung an den
ursprünglichen Forderungsinhaber nur diesem gegenüber und nicht gegenüber dem
Inkassounternehmen angefochten werden. An dieser Würdigung, die durch die
Einwände des Klägers nicht in Frage gestellt wird, hält der Senat auch im
Streitfall fest.
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1. Wird ein Dritter als Empfangsbeauftragter des Gläubigers
eingeschaltet, ist der Gläubiger und nicht der Empfangsbeauftragte als
Leistungsempfänger zur Rückgewähr verpflichtet. Aufgrund der treuhänderischen
Pflicht zur Weiterleitung des Betrages ist nicht der Treuhänder, sondern der
Treugeber als Gläubiger der Forderung Leistungsempfänger. Hat der Treugeber mit
dem Eingang der Zahlung auf dem Konto des Treuhänders gegen diesen aus dem
Treuhand- und Auftragsverhältnis einen Herausgabeanspruch aus § 667 BGB
erworben, ist er unmittelbarer Empfänger der Schuldnerleistung und damit
Rückgewährschuldner gemäß § 143 Abs. 1 InsO geworden. Dies gilt nach
gefestigter Rechtsprechung auch, wenn die Zahlung einem uneigennützigen
Treuhänder zu dem Zweck zugewandt wird, sie insgesamt an den Gläubiger zu
übertragen (BGH, Beschluss vom 12. März 2009 - IX ZR 85/06, WM 2009, 811 Rn. 2;
vom 16. Juli 2009 - IX ZR 53/08, NZI 2010, 320 Rn. 2; Urteil vom 17. Dezember
2009 - IX ZR 16/09, NZI 2010, 295 Rn. 12; vom 3. April 2014, aaO Rn. 14; Kayser
in Festschrift Ganter, 2010, S. 221, 231).
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2. Diese Bewertung greift auch dann durch, wenn ein Dritter
die Forderung des ursprünglichen Inhabers nicht lediglich als
Empfangsberechtigter, sondern im Wege einer Inkassozession einzieht. Auch hier
ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Zedent, dem die Forderung nach
Einzug durch den Inkassozessionar vereinbarungsgemäß ausgekehrt wurde,
alleiniger Empfänger der Schuldnerleistung (BGH, Urteil vom 3. April 2014, aaO
Rn. 15 ff).
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a) Der Schuldner wird von seiner Verbindlichkeit befreit,
wenn er die Forderung - nach Maßgabe der jeweiligen gewählten rechtlichen
Gestaltung - gegenüber dem Inkassozessionar als Abtretungsempfänger oder
gegenüber dem Forderungsinhaber durch Zahlung an den Inkassoermächtigten
begleicht (BGH, aaO Rn. 21). Im Hinblick auf die Befreiungswirkung ist es für
den Schuldner ohne Bedeutung, dass bei der Inkassozession wegen der damit
verbundenen Vollabtretung Erfüllung unmittelbar im Verhältnis zu dem
Inkassozessionar (§ 362 Abs. 1 BGB) und bei der Einziehungsermächtigung im
Verhältnis zu dem Forderungsinhaber durch Zahlung an den Ermächtigten (§ 362
Abs. 1, § 185 BGB) bewirkt wird (BGH, aaO Rn. 22).
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b) Der Inkassozessionar ist kraft des Treuhandverhältnisses
gemäß §§ 667, 675 BGB verpflichtet, die Forderung für Rechnung und im Interesse
des Zedenten einzuziehen. Gleiches gilt für den Ermächtigten im Verhältnis zu
dem Forderungsinhaber (BGH, aaO Rn. 22). Vor dem Hintergrund der für das
Anfechtungsrecht maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise wird in beiden
Gestaltungen die Forderung auf Rechnung des Zedenten oder Forderungsinhabers
eingezogen. Die Zahlung an einen Inkassozessionar als Geheißperson
ist der Zahlung an den Gläubiger gleichzustellen. Anfechtungsgegner ist nur,
wer im Ergebnis gegenüber der Gläubigergesamtheit bevorzugt wurde. Dies ist der
Zedent, an den der Inkassozessionar die empfangene Leistung treuhänderisch
weitergeleitet hat (BGH, aaO).
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c) Für diese Würdigung ist es nicht ausschlaggebend, ob die
Inkassogesellschaft die Zahlungen des Schuldners über ein Treuhandkonto oder -
wie im Streitfall - über ihr allgemeines Geschäftskonto eingezogen hat. Die aus
§§ 667, 675 BGB folgende Pflicht des Inkassounternehmens zur Auskehr der
empfangenen Beträge bildet den maßgeblichen Wertungsgesichtspunkt, den
ursprünglichen Forderungsinhaber als Leistungsempfänger im Sinne des § 143 Abs.
1 InsO einzustufen. Insoweit ist die dingliche Zuordnung des eingezogenen
Erlöses bedeutungslos (BGH, aaO Rn. 23).
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d) Eine andere Beurteilung folgt schließlich nicht daraus,
dass bei der Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Steuern die
Einzugsstelle auch insoweit Anfechtungsgegner ist, als die Mittel von ihr im
Innenverhältnis an einen anderen Rechtsträger abzuführen sind. Wesentlicher
Grund hierfür ist, dass im Außenverhältnis der Einzugsstelle zu dem
Beitragsschuldner dieser nur an die Einzugsstelle mit befreiender Wirkung
leisten kann. Deshalb ist die Einzugsstelle wie eine Vollrechtsinhaberin
anzusehen. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Empfangszuständigkeit des
Leistungsempfängers erst durch eine Verfügung des Forderungsinhabers - sei es
eine Abtretung oder die Erteilung einer Einziehungsermächtigung - begründet
wird. Da in dieser Konstellation der ursprüngliche Forderungsinhaber aus freiem
Entschluss einen Dritten mit dem treuhänderischen Forderungseinzug betraut hat,
muss er sich weiterhin als Leistungsempfänger behandeln lassen (BGH, aaO Rn.
24).
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e) Diese rechtliche Würdigung entspricht den
Zuordnungskriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs, dem für die
Insolvenzanfechtung in Mehrpersonenverhältnissen Leitbildfunktion zukommt (BGH,
aaO Rn. 24). Bei einer rechtsgrundlosen Zahlung auf eine abgetretene Forderung
richtet sich der bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsanspruch grundsätzlich
nicht gegen den Abtretungsempfänger (Zessionar), sondern gegen den Zedenten als
vermeintlichen ursprünglichen Forderungsinhaber (BGH, aaO). Bei dieser Sachlage
ist es zutreffend, die Beklagte zu 1 als wirtschaftliche Forderungsinhaberin
der Anfechtung zu unterwerfen.
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f) Es kann dahinstehen, ob in besonders gelagerten Fällen ausnahmsweise eine Anfechtung unmittelbar gegen den Inkassozessionar durchgreift. Dies könnte etwa zu erwägen sein, wenn der Anfechtungsanspruch gegen ihn geltend gemacht wird, weil er die eingezogenen Gelder an den Inkassozedenten abgeführt hat (vgl. Kayser in Festschrift Ganter, 2010, S. 221, 231). Eine derartige Konstellation ist indessen vorliegend - soweit die Beklagte zu 2 von dem an die Beklagte zu 1 abgeführten Betrag ihre Vergütung abgezogen hat -nicht gegeben. Dank der entgeltlichen Einschaltung der Beklagten zu 2 wurde zugunsten der Beklagten zu 1 ein Forderungsbetrag von 25.000 € erlöst. Soweit die Beklagte zu 2 hiervon ihre Provision in Abzug bringt, beruht dies auf der eigenverantwortlichen Entscheidung der Beklagten zu 1, die Beklagte zu 2 als Inkassogesellschaft mit dem Forderungseinzug zu betrauen. Der Forderungseinzug setzte die Beklagte zu 1 in den Stand, die Vergütung der Beklagten zu 2 aus dem eingezogenen Betrag zu begleichen, ohne auf sonstige Mittel zurückgreifen zu müssen. Darum hat die Beklagte zu 1 bei wertender Betrachtung, zumal sie von dem gegen sie gerichteten anfechtungsrechtlichen Erstattungsanspruch nicht die an die Beklagte zu 2 gezahlte Provision in Abzug bringen kann (BGH, aaO Rn. 43), den vollen Betrag erlangt.