Schließen Gläubiger und Schuldner im Rahmen der
Zwangsvollstreckung ohne Einverständnis des Drittschuldners eine
Ratenzahlungsvereinbarung, in der sich der Gläubiger gegenüber dem Schuldner
verpflichtet, die Kontopfändung einstweilen auszusetzen, kommt eine
gerichtliche Anordnung gegenüber dem Drittschuldner mit dem Inhalt, dass der
Schuldner über die vom Gläubiger durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
gepfändete und zur Einziehung überwiesene Forderung vereinbarungsgemäß
vorläufig bis zu einem vom Gläubiger erklärten Widerruf oder der Zustellung
einer anderweitigen Pfändung eines nachrangigen Gläubigers verfügen kann, nicht
in Betracht.
BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2015 - VII ZB 42/14 - LG
Landshut, AG Freising
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2.
Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit
und die Richterinnen Graßnack und Wimmer
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der
3. Zivilkammer des Landgerichts Landshut vom 31. Juli 2014 wird auf ihre Kosten
zurückgewiesen.
Gründe:
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I. Die Gläubigerin hat wegen einer Forderung in Höhe von
1.243,47 € einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt, mit dem die Forderungen
der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin auf Auszahlung der zu ihren Gunsten
bestehenden Guthaben der bei der Drittschuldnerin geführten Konten,
insbesondere der bestehenden Spar- und Girokonten, gepfändet und der
Gläubigerin zur Einziehung überwiesen worden sind. Nachdem die Gläubigerin mit
der Schuldnerin eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen hatte, in der sie sich
dieser gegenüber verpflichtet hatte, die Kontopfändung einstweilen auszusetzen,
hat sie ergänzend beantragt, dass angeordnet werde, dass die Schuldnerin über
das Girokonto bei der Drittschuldnerin verfügen könne, solange kein Widerruf
von ihr oder eine weitere nachrangige Kontopfändung eines anderen Gläubigers
erfolge. Die Schuldnerin hat sich diesem Antrag angeschlossen.
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Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat die Anträge
der Gläubigerin und der Schuldnerin zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete
sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom
Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren
Antrag weiter.
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II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO
statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache
keinen Erfolg.
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1. Das Beschwerdegericht führt aus, das Amtsgericht habe den
Antrag der Gläubigerin, anzuordnen, dass die Schuldnerin über das Konto bei der
Drittschuldnerin verfügen könne, solange kein Widerruf der Gläubigerin oder
eine weitere nachrangige Kontopfändung eines anderen Gläubigers erfolge, zu
Recht zurückgewiesen. Mit ihrem Antrag begehre die Gläubigerin im Ergebnis eine
Ruhendstellung beziehungsweise eine einstweilige Aussetzung der Pfändung. Die
Drittschuldnerin sei hiermit nicht einverstanden. Die Möglichkeit einer
Ruhendstellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bezüglich einer
Kontopfändung sei gesetzlich nicht vorgesehen. Zwar sei der Pfändungsgläubiger
Herr des Zwangsvollstreckungsverfahrens und könne grundsätzlich über die
Durchführung oder Aufhebung etwaiger Vollstreckungsmaßnahmen entscheiden.
Insbesondere könne er sich mit dem Pfändungsschuldner auch über die Art und den
Umfang der Zwangsvollstreckung einigen. Jedoch sei eine solche Einigung
beziehungsweise ein derartiger Vollstreckungsvertrag nur insoweit zulässig, als
er ausschließlich die Interessen der Vollstreckungsparteien betreffe. Das
heiße, dass eine zwischen dem Pfändungsgläubiger und dem Pfändungsschuldner
geschlossene Zahlungsvereinbarung, die im Gegenzug eine Aussetzung der
Kontopfändung vorsehe, nicht zu Lasten eines Drittschuldners gehen könne. Der
streitgegenständliche Vertrag stelle einen Vertrag zu Lasten Dritter dar, der
nicht wirksam abgeschlossen werden könne. Denn durch eine derartige
Vereinbarung werde der Drittschuldnerin im Ergebnis zugemutet, die Einhaltung
der zwischen dem Pfändungsgläubiger und -schuldner getroffenen Vereinbarung
unentgeltlich und mit einem gewissen Haftungsrisiko zu überwachen.
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2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand.
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a) Eine Ruhendstellung der Zwangsvollstreckung aus einem
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss durch gerichtliche Feststellung mit der
von der Gläubigerin begehrten Rechtsfolge, dass die Schuldnerin über die
gepfändete und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesene Forderung vorläufig
bis zu einem von ihr erklärten Widerruf oder der Zustellung einer anderweitigen
Pfändung verfügen kann, kommt nicht in Betracht, weil für eine solche
einstweilige Aussetzung der Pfändungswirkungen eines Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses eine gesetzliche Grundlage nicht gegeben ist.
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aa) Das Zwangsvollstreckungsrecht
ist als formalisiertes Verfahrensrecht öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. BGH,
Urteil vom 25. Januar 1978 - VIII ZR 137/76, BGHZ 70, 206, 210, juris Rn. 24; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., Vor § 704 Rn.
24). Der Gläubiger ist allerdings grundsätzlich berechtigt, über das
Vollstreckungsverfahren zu disponieren, soweit nicht zwingendes Recht
entgegensteht (vgl. Zöller/Stöber, aaO, Vor § 704 Rn. 19, 24; Musielak/Voit/
Lackmann, ZPO, 12. Aufl., Vor § 704 Rn. 17; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22.
Aufl., § 753 Rn. 9; Schuschke/Walker/Schuschke, ZPO, 5. Aufl., Einf. Rn. 10; Ehlenz/Joeres, JurBüro 2010, 62,
63; Wieser, NJW 1988, 665, 669). Dies bedeutet, dass der Gläubiger
grundsätzlich sowohl die Art der Vollstreckungsmaßnahme, den Gegenstand, in den
vollstreckt werden soll, als auch den Zeitpunkt bestimmen kann, zu dem die
Vollstreckung gegen den Schuldner erfolgen soll, soweit nicht zwingende
Pfändungsschutzvorschriften oder sonstige zwingende gesetzliche Vorschriften
entgegenstehen (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 1991 - VI ZR 241/90, NJW 1991,
2295, 2296, juris Rn. 13; MünchKommZPO/Heßler,
4. Aufl., § 753 Rn. 25, § 754 Rn. 24; Stein/Jonas/Münzberg, aaO, Vor § 704 Rn.
100 m.w.N.). Der Gläubiger kann danach eine beantragte Vollstreckungsmaßnahme
inhaltlich beschränken oder zurücknehmen, die Aufhebung einer
Vollstreckungsmaßnahme oder die einstweilige Einstellung der
Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise bewilligen oder auf die durch eine
bewirkte Pfändung erlangten Rechte ganz oder teilweise verzichten, § 843 ZPO.
Der Gläubiger ist jedoch nicht befugt, die Rechtswirkungen der nach dem Gesetz
vorgesehenen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch eine einseitige Anordnung
dahin zu modifizieren, dass unter Aufrechterhaltung der Verstrickung die sich
aus dem Pfandrecht ergebenden Rechtswirkungen vorübergehend entfallen. Die in
der Zivilprozessordnung vorgesehenen Möglichkeiten der Beschränkung oder
Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Vollstreckungsgericht oder ein
anderes Vollstreckungsorgan sind im Hinblick auf das streng formalisierte
Zwangsvollstreckungsverfahren als abschließend anzusehen (vgl. Zöller/Stöber,
aaO, § 775 Rn. 3; Schuschke/Walker/ Schuschke, ZPO, 5. Aufl., Einf. Rn. 10; Ehlenz/Joeres, JurBüro 2010, 62,
63).
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bb) Der Gläubigerin geht es im
vorliegenden Fall, wie die Rechtsbeschwerde ausführt, um eine vorläufige
Aussetzung der Wirkungen der Pfändung mit dem Ziel, dass diese im Falle eines
von ihr erklärten Widerrufs oder einer anderweitigen Pfändung der Forderung
durch einen nachrangigen Gläubiger wieder aufleben.
Eine solche teilweise Aussetzung der mit dem erwirkten Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss einhergehenden Rechtswirkungen ist nach den Vorschriften
über die Pfändung von Geldforderungen des Schuldners nicht in der Weise
möglich, dass unter Wahrung des Rangs der Gläubigerin die Pfändungswirkungen im
Übrigen vorläufig entfallen. Hierfür besteht keine gesetzliche Grundlage (vgl. Ehlenz/Joeres, JurBüro 2010, 62,
63; LG München, BeckRS 2014, 13746; a.A.
Wieczorek/Schütze/Paulus, ZPO, 4. Aufl., Vor § 704 ZPO Rn. 28; LG Köln,
Beschluss vom 25. Oktober 2006 - 13 T 214/06, juris
Rn. 3; LG Mönchengladbach, JurBüro 2005, 499, juris
Rn. 10; LG Berlin, Rpfleger 2006, 329, 330, juris Rn.
9). Ein einstweiliger Verzicht auf die Wirkungen des Pfandrechts ohne Aufhebung
der mit der Pfändung bewirkten Verstrickung ist wegen des Zusammenhangs von
Beschlagnahme und Pfandrecht ausgeschlossen (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 31.
Aufl., § 804 Rn. 13 a.E.; Schuschke/Walker/Schuschke,
aaO, § 843 Rn. 4 m.w.N.).
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b) Die Gläubigerin kann die Anordnung einer Ruhendstellung
der Pfändung mit dem beantragten Inhalt auch nicht im Hinblick darauf
verlangen, dass es um die Feststellung der Wirkung einer zwischen ihr und der
Schuldnerin geschlossenen vollstreckungsbeschränkenden Vereinbarung geht. Die
Gläubigerin erstrebt eine Feststellung des Vollstreckungsgerichts des Inhalts,
dass die zwischen ihr und der Schuldnerin geschlossene
vollstreckungsbeschränkende Vereinbarung von der Drittschuldnerin zu beachten
ist. Für eine solche Feststellung gibt es keine gesetzliche Grundlage.
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Die Drittschuldnerin ist zur Beachtung einer
vollstreckungsbeschränkenden Vereinbarung, durch die ihr Mitwirkungspflichten
auferlegt werden, nur verpflichtet, wenn sie ihr zugestimmt hat (vgl. BAG, NJW
1975, 1575, 1576, juris Rn. 10; Stein/Jonas/Münzberg,
aaO, Vor § 704 Rn. 99; Hk-ZPO/Kindl, 6. Aufl., Vor §§
704-945 Rn. 9; Sudergat, Kontopfändung und P-Konto,
3. Aufl., Rn. 1208). Es kann dahinstehen, ob der Auffassung des
Beschwerdegerichts zu folgen ist, wonach die zwischen der Gläubigerin und der
Schuldnerin getroffene vollstreckungsbeschränkende Vereinbarung deswegen einen
unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter darstellt, weil die Drittschuldnerin
durch diesen verpflichtet werden sollte, die Einhaltung der zwischen der
Gläubigerin und der Schuldnerin getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung zu
überwachen. Eine solche Verpflichtung ergibt sich aus der Vereinbarung zwischen
der Gläubigerin und der Schuldnerin nicht mit hinreichender Deutlichkeit.
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Die Drittschuldnerin trifft indes im vorliegenden Fall
jedenfalls eine Mitwirkungspflicht dahingehend, dass sie bei einem Widerruf der
Gläubigerin oder einer Pfändung durch einen nachrangigen Gläubiger die
Auszahlung des Kontoguthabens an die Schuldnerin einzustellen hatte. Eine
solche Mitwirkungspflicht kann der Drittschuldnerin nur mit ihrem
Einverständnis auferlegt werden. Nach den - von den Parteien unbeanstandeten -
Feststellungen des Beschwerdegerichts liegt ein solches Einverständnis der
Drittschuldnerin nicht vor.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.