BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
§ 1006 BGB findet auch dann Anwendung, wenn der Besitzer
behauptet, das Eigentum im Wege der Schenkung erworben zu haben.
Dass ein (leitender) Angestellter über Schlüssel zu Räumen
oder Nebenräumen des Arbeitgebers verfügt, dient im Allgemeinen der Erfüllung
seiner dienstlichen Aufgaben und führt nicht dazu, dass er selbst als Besitzer
der Räumlichkeit anzusehen ist; er ist vielmehr Besitzdiener.
Die tatsächliche Gewalt über Gegenstände, die sich in den
Räumen des Arbeitgebers befinden, wird nach der Verkehrsanschauung im Zweifel
nicht dem Arbeitnehmer, sondern dem Arbeitgeber als dem Besitzherrn zugeordnet
und von dessen generellen Besitzbegründungswillen getragen; hiervon ausgenommen
ist nur offenkundig persönlicher Besitz des Arbeitnehmers.
BGH, Urteil vom 30. Januar 2015 - V ZR 63/13 - OLG
Brandenburg LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die
mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Roth, die
Richterin Dr. Brückner und den Richter Dr. Göbel
für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten wird das Urteil des 12.
Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 7. Februar 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger war von Mai 1970 bis September 2000 Geschäftsführer
einer Bezirkszahnärztekammer (im Folgenden BZK), bei
der es sich um eine unselbständige Untergliederung der Beklagten zu 4 handelt.
1999 plante er mit seiner damaligen Ehefrau, der Beklagten zu 2, für das
darauffolgende Jahr einen Umzug von M. nach P. . Im
Spätsommer 1999 erhielten beide Besuch von der Schwester der Ehefrau, der
Beklagten zu 1. Der Kläger bat diese, fünf verschlossene Holzweinkisten mit
nach P. zu nehmen. Daraufhin nahmen die Beklagte zu 1 und ihr Lebensgefährte B.
die Kisten mit; beide gingen - ebenso wie die Beklagte zu 2 - den Angaben des
Klägers entsprechend davon aus, dass diese Wein enthielten und im Hinblick auf
den Umzug bei der in P. wohnhaften Beklagten zu 1 gelagert werden sollten.
2
Ebenfalls im Jahr 1999 führte die BZK
- wie schon des Öfteren seit Anfang der Neunzigerjahre - eine Spendenaktion zu
karitativen Zwecken durch, in deren Verlauf Zahnärzte Sammeldosen für
gebrauchtes Zahngold in ihren Praxen aufstellten. In die Aktion eingebunden war
die H. GmbH & Co. KG (im Folgenden: H. KG), die zu der Firmengruppe der
Beklagten zu 3 gehört; sie sollte den Scheideprozess durchführen und der BZK den Reingoldanteil vergüten. Zu diesem Zweck wog der
Hausmeister der BZK zu einem nicht genau bekannten
Zeitpunkt das gesammelte und in Eimer verfüllte Altzahngold. Mitte Oktober 1999
bescheinigte der von der H. KG mit der Abholung betraute Mitarbeiter S. der BZK den Erhalt von 140 kg Altzahngold. Tatsächlich lieferte
er jedoch nur 77,137 kg bei der H. KG ab, was zunächst nicht auffiel, weil er
einen entsprechenden Eigenbeleg vorlegte. Als die BZK
bei der Gutschrift des Goldes die Fehlmenge bemängelte, wurde gegen Herrn S.
ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Unterschlagung eingeleitet. Die H. KG
zahlte im Vergleichswege einen Betrag von 270.000 DM an die BZK.
Das gegen Herrn S. gerichtete Strafverfahren wurde gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1
StPO eingestellt.
3
Im Jahr 2002 trennten sich der Kläger und die Beklagte zu 2.
Im Oktober 2002 öffnete die Beklagte zu 1 die Weinkisten und stellte fest, dass
diese mit Altzahngold gefüllt waren. Daraufhin übergaben die Beklagten zu 1 und
2 das Altzahngold - einem Gutachten zufolge eine Menge von 53,2 kg - an die
Staatsanwaltschaft. Das gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren endete mit
einem Nichteröffnungsbeschluss des Amtsgerichts. Die Staatsanwaltschaft
hinterlegte die Kisten nebst Inhalt bei dem Amtsgericht Potsdam und benannte
die Parteien als mögliche Berechtigte.
4
Die Klage, mit der der Kläger die Beklagten - soweit von Interesse -jeweils verurteilen lassen will, ihre Zustimmung zu der Herausgabe der hinterlegten Kisten samt Altzahngold zu erklären, hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht ihr stattgegeben. Mit den von dem Senat zugelassenen Revisionen, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, wollen die Beklagten die Zurückweisung der Berufung erreichen.
Entscheidungsgründe:
A.
5
Das Berufungsgericht meint, die Beklagten seien gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB verpflichtet, der Herausgabe an den Kläger zuzustimmen. Es könne dahinstehen, ob der Kläger sein Hauptvorbringen bewiesen habe, wonach ihm sein Freund, der im Jahr 1994 verstorbene Zahnarzt G. , das Altzahngold im Februar 1989 im Wege der Schenkung übereignet habe, er es noch bei diesem in die Weinkisten verfüllt und bis zu der Übergabe an den Zeugen B. in seiner jeweiligen Wohnung gelagert habe. Denn der Kläger habe sich in prozessual zulässiger Weise hilfsweise die Aussage des von den Beklagen benannten Zeugen B.in erster Instanz zu eigen gemacht, wonach der Zeuge die Kisten mit dem Kläger in der Hauptstelle der BZK abgeholt habe; die Weinkisten hätten sich in einem Raum im Bereich der Tiefgarage des unter anderem von der BZK genutzten Gebäudes der Kassenzahnärztlichen Vereinigung befunden, zu dem der Kläger einen Schlüssel gehabt habe. Nach diesem Hilfsvorbringen werde das Eigentum des Klägers gemäß § 1006 Abs. 1 BGB vermutet. Er sei als Schlüsselinhaber nach außen erkennbar als Eigenbesitzer aufgetreten, indem er die Kisten abtransportiert habe. Wer Sachen persönlich nutze, ohne Organ der juristischen Person zu sein, habe nach der Verkehrsanschauung die tatsächliche Herrschaftsgewalt inne, wenn er - wie der Kläger - einen entsprechenden Besitzwillen habe. Die Beklagten hätten die Eigentumsvermutung auch nicht widerlegt. Zwar seien insbesondere bei behaupteter Schenkung keine besonders hohen Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung zu stellen. Vorliegend bestehe aber deshalb kein Anlass für Beweiserleichterungen, weil nichts dafür spreche, dass statt des Klägers einer der Beklagten Eigentumsrechte an den Kisten nebst Inhalt habe. Schließlich lasse sich nicht feststellen, dass das Altzahngold einem früheren Besitzer im Sinne von § 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB abhandengekommen sei.
B.
6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht
stand.
7
I. Im Ausgangspunkt zutreffend sieht das Berufungsgericht
die rechtliche Grundlage für das Begehren des Klägers in § 812 Abs. 1 Satz 1
Alt. 2 BGB.
8
1. Damit die Hinterlegungsstelle an einen der Beteiligten
herausgeben darf, bedarf es der Bewilligung durch die übrigen Beteiligten (§ 21
Abs. 3, § 35 HintG Brdbg).
Der (wahre) Berechtigte kann die Abgabe dieser Erklärung gemäß § 812 Abs. 1
Satz 1 Alt. 2 BGB von den übrigen Prätendenten verlangen, die ihre
Rechtsposition auf seine Kosten erlangt haben; insoweit ist es ohne Bedeutung,
ob die Voraussetzungen für die Hinterlegung vorlagen (BGH, Urteil vom 22.
Oktober 1980 - VIII ZR 334/79, WM 1980, 1383 ff.; Palandt/Sprau,
BGB, 74. Aufl., § 812 Rn. 93 mwN). Ob der Anspruch besteht, richtet sich nicht
nach dem Innenverhältnis zwischen den Prätendenten, sondern ausschließlich nach
dem materiellen Rechtsverhältnis zwischen dem hinterlegenden Schuldner - hier
der Staatsanwaltschaft - und dem Kläger (vgl. Senat, Urteile vom 15. Oktober
1999 - V ZR 141/98, NJW 2000, 291, 294 und vom 16. November 2012 - V ZR 179/11,
ZIP 2013, 384 Rn. 10; BGH, Urteile vom 13. November 1996 - VIII ZR 210/95,
NJW-RR 1997, 495 und vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 161/04, NJW-RR 2007, 845,
846). Dies beruht darauf, dass die Hinterlegung zur Erfüllung einer gegen den
Hinterlegenden gerichteten Forderung erfolgt (§ 372 Satz 2 BGB; vgl. BGH,
Urteil vom 13. November 1996 - VIII ZR 210/95, NJW-RR 1997, 495).
9
2. Zu Recht sieht das Berufungsgericht alle Beklagten als
Beteiligte des Hinterlegungsverfahrens im Sinne von § 21 Abs. 3 HintG Brdbg an, nachdem die
Staatsanwaltschaft sie als solche benannt hat. Die Beteiligtenstellung eines
von dem Hinterlegenden benannten Empfängers entfällt allerdings dann, wenn
unzweifelhaft feststeht, dass er materiell nicht berechtigt ist (Senat, Urteil
vom 10. Dezember 2004 - V ZR 340/03, NJW-RR 2005, 712, 714; MünchKommBGB/Fetzer,
6. Aufl., § 372 Rn. 28); infolgedessen ist seine Bewilligung entbehrlich. Davon
kann hier jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Die Beklagten zu 1 und
2 stützen ihre Berechtigung auf eine Schenkung durch den Kläger. Die Beklagte
zu 4 leitet ihre Rechte aus dem 1999 abhanden gekommenen Altzahngold her,
ebenso die Beklagte zu 3 aufgrund der Abtretung der Ansprüche der H. KG.
10
II. Mit der gegebenen Begründung kann ein Anspruch des
Klägers gegen die Staatsanwaltschaft auf Herausgabe des Altzahngoldes nicht
bejaht werden. Ein öffentlich-rechtlicher Herausgabeanspruch aufgrund der nach
dem Ende einer strafprozessualen Beschlagnahme erforderlichen Restitution
(näher hierzu Senat, Urteil vom 14. November 2014 - V ZR 90/13 Rn. 8 mwN, juris) besteht nicht, weil der Kläger nicht letzter
Gewahrsamsinhaber war; insoweit kommt es nicht auf die zivilrechtlichen
Besitzverhältnisse, sondern auf die tatsächliche unmittelbare Sachherrschaft
an. Ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch kann sich insbesondere aus § 985
BGB ergeben. Dies setzt voraus, dass der Kläger Eigentümer des Altzahngoldes
ist. Nach seinem Hauptvorbringen hat er das Eigentum durch den Vollzug der
Schenkung erworben und das Altzahngold bis zu der (nur zum Zwecke der
Aufbewahrung erfolgten) Übergabe an die Beklagte zu 2 und ihren Lebensgefährten
in seiner Wohnung gelagert. Weder die behauptete Schenkung noch die Lagerung in
der Wohnung des Klägers hat das Landgericht als erwiesen angesehen. Dass das
Berufungsgericht der Berufung des Klägers ohne Prüfung seiner Angriffe gegen
die Beweiswürdigung des Landgerichts mit der Begründung stattgegeben hat, das
Eigentum des Klägers werde jedenfalls nach dem Hilfsvorbringen gemäß § 1006
Abs. 1 BGB vermutet, ist rechtsfehlerhaft.
11
1. Nicht zu beanstanden sind allerdings die Ausführungen des
Berufungsgerichts, wonach der Hilfsvortrag des Klägers (Abholung der Kisten in
der Tiefgarage) nicht wegen Verstoßes gegen § 138 ZPO unbeachtlich ist. Im
Grundsatz darf sich eine Partei gegnerischen Vortrag auch dann hilfsweise zu
eigen machen, wenn dieser dem eigenen Vortrag widerspricht, solange das
Verhältnis der Behauptungen zueinander klargestellt ist und nicht (objektiv)
feststeht, dass die Hilfsdarstellung bewusst wahrheitswidrig abgegeben wurde
(Senat, Urteil vom 25. Januar 1956 - V ZR 190/54, BGHZ 19, 387, 390 f.; Urteil
vom 23. Juni 1989 - V ZR 125/88, NJW 1989, 2756; MünchKommZPO/Wagner,
4. Aufl., § 138 Rn. 12; Musielak/Stadler, ZPO, 11. Aufl., § 138 Rn. 2). Dies
gilt gleichermaßen, wenn sich die Partei ein ihr (vermeintlich) günstiges
Ergebnis der Beweisaufnahme hilfsweise zu eigen macht (zu letzterem etwa BGH,
Beschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 325/08, NJW-RR 2010, 495 Rn. 5). So
liegt es hier. Die bewusste Wahrheitswidrigkeit des Hilfsvorbringens verneint
das Berufungsgericht in vertretbarer Würdigung. Eine etwaige
Widersprüchlichkeit des Parteivortrags kann ggf. im Rahmen der Beweiswürdigung
Berücksichtigung finden.
12
2. Im Ausgangspunkt zutreffend ist auch die Annahme, dass §
1006 BGB Anwendung findet, obwohl der Kläger das Eigentum im Wege der Schenkung
erworben haben will. Die von den Beklagten zu 1 und 2 insoweit erhobenen
Zweifel sind unbegründet. Zwar wird vertreten, dass die Norm bei einem
behaupteten Erwerb im Wege der Schenkung nicht eingreife (Wacke, AcP 191 [1991] 14 ff.; Wilhelm, Sachenrecht, 4. Aufl., Rn.
1002 Fn. 1753); dies bezieht sich vor allem auf das Verhältnis zwischen dem
Besitzer und dem vermeintlichen Schenker. Nach der ganz überwiegenden Ansicht
ist der behauptete Erwerbstatbestand für die Anwendbarkeit des § 1006 BGB aber
ohne Bedeutung (MünchKomm-BGB/Baldus,
6. Aufl., § 1006 Rn. 63; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1006 Rn. 47; vgl.
auch BGH, Urteil vom 19. Januar 1994 - IV ZR 207/92, WM 1994, 425 ff.; BVerwG,
NJW 2003, 689, 690). Dies entspricht dem Wortlaut der Norm und ihrem
sachenrechtlichen Charakter; das Eigentum wird aufgrund des Besitzes und
unabhängig von dem Erwerbstatbestand vermutet.
13
3. Nicht haltbar sind dagegen die Ausführungen des
Berufungsgerichts, mit denen es auf der Grundlage des Hilfsvorbringens das
Eingreifen der Eigentumsvermutung annimmt.
14
a) Die Darlegungs- und Beweislast für den Besitz an der
Sache im Sinne von § 1006 BGB trifft denjenigen, der sich auf die
Eigentumsvermutung beruft, hier also (gemäß § 1006 Abs. 2 BGB) den Kläger, der
seinen früheren Besitz behauptet (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 1006
Rn. 1); sein Vortrag ist nur schlüssig, wenn er tatsächliche Umstände darlegt,
aus denen sich sein Besitz ergibt. Diese Darlegungsanforderungen werden nicht
abgemildert, weil es sich um einen Prätendentenstreit handelt.
15
b) Seinen Besitz hat der Kläger durch den Hilfsvortrag, auf
den das Berufungsgericht entscheidend abstellt, nicht schlüssig dargelegt. Nach
der Aussage des Zeugen B., die er sich zu eigen gemacht hat, sollen sich die
Kisten in einem verschlossenen Raum (einer „Art Weinkeller") im Bereich
der Tiefgarage des unter anderem von der BZK
genutzten Gebäudes der Kassenzahnärztlichen Vereinigung befunden haben, zu dem
der Kläger einen Schlüssel hatte.
16
aa) Es ist bereits
rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht den Kläger auf der Grundlage des
Hilfsvortrags als Besitzer des von dem Zeugen geschilderten Raums ansieht.
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(1) Im Ergebnis trifft es allerdings zu, dass ein von dem
Kläger ausgeübter Besitz an dem Raum nicht deshalb der BZK
zuzuordnen ist, weil er deren Organ war. Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 und 2 des badenwürttembergischen Heilberufe-Kammergesetzes (GBl. BW 1995, 314) sind Organe einer Bezirkszahnärztekammer
(als Untergliederung der Landeszahnärztekammer) die Vertreterversammlung, der
Vorstand sowie ggf. Ausschüsse. Danach ist ein Geschäftsführer nicht Organ,
sondern (leitender) Angestellter der BZK.
18
(2) Unzutreffend ist jedoch die von dem Berufungsgericht
hieraus gezogene rechtliche Schlussfolgerung, der Kläger sei bereits deshalb
als Besitzer anzusehen, weil er, ohne Organ der BZK
zu sein, den Schlüssel zu dem Raum gehabt habe. Das Berufungsgericht übersieht
nämlich, dass der Kläger als (leitender) Angestellter hinsichtlich der
Räumlichkeiten der BZK deren Besitzdiener war.
19
(a) Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB ist unter anderem,
wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen
Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge dessen er
den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat.
Danach sind Arbeitnehmer im Hinblick auf die ihnen zur Erfüllung ihrer
Arbeitsleistung überlassenen Sachen grundsätzlich als Besitzdiener anzusehen,
und zwar auch leitende Angestellte (RGZ 71, 248, 252; 99, 208, 209; 112, 109,
113; BAG NJW 1999, 1049, 1051; NZA 2000, 715, 716 f.; näher MünchKomm-BGB/Joost,
6. Aufl., § 854 Rn. 21, § 855 Rn. 5, 9; Staudinger/Gutzeit, BGB [2012], § 855
Rn. 8); dies gilt selbstverständlich auch für die Räumlichkeiten des
Arbeitgebers.
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(b) Daran gemessen war der Kläger als leitender Angestellter
hinsichtlich der ihm zugänglichen Räumlichkeiten der BZK
nur Besitzdiener. Dass ein (leitender) Angestellter über Schlüssel zu Räumen
oder Nebenräumen des Arbeitgebers verfügt, dient im Allgemeinen der Erfüllung
seiner dienstlichen Aufgaben und führt entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts nicht dazu, dass er selbst als Besitzer der Räumlichkeit
anzusehen ist.
21
(c) Dass es sich um einen privat genutzten Raum handelte,
ist dem Hilfsvortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Vielmehr sprechen die
vorgetragenen tatsächlichen Umstände - wie das Landgericht zu Recht
hervorgehoben hat - dafür, dass es sich um einen Nebenraum der BZK handelte, zu dem der Kläger als Geschäftsführer einen
Schlüssel hatte. Ohne ergänzenden Sachvortrag des Klägers ist jedenfalls nicht
ersichtlich, dass ein Raum in dem von seinem Arbeitgeber genutzten Gebäude nur
ihm zugänglich war und ihm - etwa aufgrund eines Mietvertrags - zur privaten
Nutzung zur Verfügung stand. Soweit das Berufungsgericht andeutet, der Raum
könnte einer der weiteren in dem Gebäude ansässigen Firmen zuzuordnen sein,
übergeht es den Umstand, dass der Kläger als Geschäftsführer der BZK über einen Schlüssel verfügte; ohnehin wäre ein Besitz
anderer Firmen nicht geeignet, den Besitz des Klägers darzulegen.
22
bb) Wenn nach dem Hilfsvortrag die
Möglichkeit besteht, dass die BZK Besitzerin des
Raumes war, kann sie auch Besitzerin der in dem Raum befindlichen Weinkisten
und des darin verborgenen Altzahngolds gewesen sein, was zur Folge hat, dass
der Kläger seinen Besitz nicht schlüssig dargelegt hat.
23
(1) Ob der Kläger oder die BZK
Besitz an den Weinkisten nebst Inhalt hatte, richtet sich danach, ob er nach
der Verkehrsanschauung als Besitzer oder als Besitzdiener anzusehen ist.
24
(a) In wessen tatsächlicher Herrschaftsgewalt sich die Sache
befindet, hängt maßgeblich von der Verkehrsanschauung ab, also von der
zusammenfassenden Wertung aller Umstände des jeweiligen Falles entsprechend den
Anschauungen des täglichen Lebens (Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR
119/11, WM 2012, 1926 Rn. 10; BGH, Urteil vom 24. Juni 1987 - VIII ZR 379/86,
BGHZ 101, 186, 188 mwN). Die tatsächliche Gewalt über Gegenstände, die sich in
den Räumen des Arbeitgebers befinden, wird im Zweifel nicht dem Arbeitnehmer,
sondern dem Arbeitgeber als dem Besitzherrn zugeordnet und von dessen
generellen Besitzbegründungswillen getragen (zu letzterem BGH, Urteil vom 24.
Juni 1987 - VIII ZR 379/86, BGHZ 101, 186, 187 ff.; MünchKomm-BGB/Joost,
6. Aufl., § 854 Rn. 10 mwN). Ausgenommen ist nur offenkundig persönlicher
Besitz des Arbeitnehmers. Dass es sich um solchen handelt, kann sich entweder
aus einer räumlichen Beziehung (etwa bei Gegenständen, die in einem für private
Zwecke zur Verfügung gestellten Schrank oder Spind verwahrt werden) oder aus
der Natur der Sache ergeben (etwa bei privater Kleidung, persönlichen
Schreibgeräten oder für den eigenen Verzehr bestimmten Nahrungsmitteln).
25
(b) Danach war die BZK -
unterstellt, es handelte sich um einen ihr zuzuordnenden Raum - Besitzerin
sowohl der Weinkisten als auch des Altzahngolds; auf die von den
Revisionsführern aufgeworfene Rechtsfrage, ob für das Eingreifen der
Eigentumsvermutung maßgeblich auf das Behältnis (Weinkiste) oder auf den darin
verborgenen Inhalt (Altzahngold) abzustellen ist, kommt es daher nicht an.
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(aa) Im Hinblick auf das
Altzahngold wäre nach der Verkehrsanschauung die BZK
Besitzerin. Denn die Sachherrschaft über eine große Menge von Altzahngold in
Zahnprothesen - zumal im Verlauf einer Altgoldsammelaktion - in Nebenräumen der
BZK ordnen redliche Dritte ohne jeden Zweifel der BZK und nicht deren Geschäftsführer als Privatperson zu;
dieser ist nur Besitzdiener.
27
(bb) Das gilt für größere Mengen
von Weinkisten gleichermaßen, die in verschlossenen Nebenräumen des
Arbeitgebers gelagert werden. Mit seiner gegenteiligen Annahme verkennt das
Berufungsgericht, dass der Besitz des Arbeitnehmers die Ausnahme und nicht die
Regel ist. Dies gilt auch für in Dienstgebäuden gelagerte Nahrungs- oder
Genussmittel. Sie werden nach der Verkehrsanschauung nur dann dem Arbeitnehmer
zugeordnet, wenn sich aus den Umständen zweifelsfrei ergibt, dass sie für
dessen private Bedürfnisse bestimmt sind. Das kann der Fall sein, wenn es um
Nahrungsmittel solcher Art und Menge geht, die üblicherweise am Arbeitsplatz
verzehrt werden, oder wenn sich aus den Umständen erschließt, dass
haushaltsübliche Einkäufe vorübergehend in den Räumen des Arbeitgebers gelagert
werden. Eine Vorratshaltung in größeren Mengen wird dagegen im Zweifel dem Arbeitgeber
zugeordnet, weil es nicht ungewöhnlich ist, dass diese etwa für
Bewirtungszwecke vorgehalten werden.
28
(2) Zu Unrecht führt das Berufungsgericht für den Besitz des Klägers an, er habe seinen Willen, die Sachen wie ein Eigentümer zu beherrschen, durch die Abholung der Kisten deutlich zum Ausdruck gebracht. Nach dieser Argumentation würde die Eigentumsvermutung für einen Arbeitnehmer eingreifen, der sich betriebliche Gegenstände aneignet, indem er sie abtransportiert. Der Tatbestand des § 1006 BGB ist jedoch nicht erfüllt, wenn sich aus dem eigenen Vortrag des Besitzers ergibt, dass der Erwerb des Besitzes nicht zum Eigentumserwerb geführt hat (BGH, Urteil vom 25. Januar 1984 - VIII ZR 270/82, NJW 1984, 1456, 1457; MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rn. 42 ff., jeweils mwN). So liegt es nach dem Hilfsvortrag. Seinen Besitz an den Kisten vor dem Abtransport hat der Kläger nicht dargelegt. Die Besitzerlangung durch den Abtransport reicht - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht aus, weil er nach seinem Vortrag bereits Eigentümer war.
C.
29
Das Urteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben.
Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil das
Berufungsgericht die Angriffe nicht geprüft hat, mit denen der Kläger sich
gegen die auf den Hauptvortrag bezogene Beweiswürdigung des Landgerichts
wendet. Bei der Zurückverweisung (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) hat der Senat von
der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
30
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
31
I. Das Berufungsgericht wird zunächst die Angriffe der
Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts zu prüfen haben, gegen die
es - bislang nicht entscheidungserhebliche - Zweifel geäußert hat. Insoweit
besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass das Gericht im Rahmen der
Beweiswürdigung einen eigenen Eindruck von den vernommenen Zeugen jenseits der
protokollierten Bekundungen verwerten darf. Hält der Tatrichter seine
persönlichen Eindrücke - hier den Umstand, dass ein Zeuge auf bestimmte Fragen
ausweichend und auffällig distanziert geantwortet habe und seine Schilderung
eigentümlich farblos gewesen sei - in dem Urteil fest und würdigt er sie,
begründet dies für sich genommen keine Zweifel an der Tatsachenfeststellung im
Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Solche Eindrücke, die auch aus der
richterlichen Wahrnehmung des Verhaltens eines Zeugen, insbesondere der
nonverbalen Kommunikation entstehen können, finden in das Protokoll naturgemäß
keinen Eingang; dort wird gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO nur die Aussage des
Zeugen festgestellt. Dagegen hat die Beweiswürdigung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1
ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des
Ergebnisses einer Beweisaufnahme zu erfolgen. Zu den Gründen, die im Urteil als
für die richterliche Überzeugung leitend angegeben werden (§ 286 Abs. 1 Satz 2
ZPO), können und sollen auch persönliche Eindrücke des Tatrichters gehören, die
dieser im Rahmen der Beweisaufnahme gewonnen hat.
32
II. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung Anlass
für eine Wiederholung der Beweisaufnahme sehen, ist - entgegen der Auffassung
des Klägers - zunächst entscheidend, welchen Geschehensablauf es hinsichtlich
der Übergabe des Altzahngolds an den Zeugen B. als erwiesen ansieht.
33
1. Sollten sich die Kisten bei der Übergabe - dem
Hauptvortrag entsprechend - im Haus des Klägers befunden haben, wäre er in
diesem Zeitpunkt Besitzer gewesen.
34
a) Folglich stritte die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 Abs.
2 BGB für ihn. Über den Wortlaut von § 1006 Abs. 2 BGB hinaus wird zugunsten
des früheren Besitzers auch die Rechtsfortdauer vermutet. Die Vermutung tritt
nur dann zurück, wenn sich ein späterer Besitzer auf § 1006 Abs. 1 oder Abs. 2
BGB berufen kann (näher Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 1006 Rn. 5 mwN).
Dies gälte nicht für die Beklagte zu 1, die nach ihrem eigenen Vortrag zunächst
Fremdbesitzerin gewesen ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 - IX ZR
55/02, NJW 2004, 217, 219).
35
b) Daher wäre zu prüfen, ob die Beklagten die
Eigentumsvermutung widerlegen können.
36
aa) Zu Unrecht stellt das
Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nur darauf ab, dass das Eigentum des
Klägers wahrscheinlicher sei als das der anderen Beteiligten. Richtig ist zwar,
dass die Eigentumsvermutung als widerlegt anzusehen ist, wenn Umstände bewiesen
werden, die das Eigentum des Gegners der Vermutung wahrscheinlicher erscheinen
lassen als das Eigentum des gegenwärtigen Besitzers. Das Berufungsgericht lässt
aber außer Acht, dass die Eigentumsvermutung auch auf andere Weise widerlegt
werden kann (näher NK-BGB/Schanbacher,
2. Aufl., § 1006 Rn. 5; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1006 Rn. 47).
Insbesondere ist es ausreichend, wenn die von dem Besitzer behaupteten
Erwerbstatsachen - hier also die Schenkung durch den Zahnarzt G. - widerlegt
werden (vgl. BVerwG, NJW 2003, 689, 690; MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rn. 45, 61; Staudinger/Gursky, BGB
[2013], § 1006 Rn. 48). Es ist nicht erforderlich, dass alle denkbaren anderen
Erwerbstatbestände widerlegt werden (BGH, Urteil vom 19. Januar 1977 - VIII ZR
42/75, MDR 1977, 661; BVerwG, NJW 2003, 689, 690). Die Anforderungen an die
Widerlegung der Vermutung sind auch nicht deshalb andere, weil es um einen
Prätendentenstreit geht.
37
bb) Daher wäre den hierauf
bezogenen Beweisangeboten der Beklagten nachzugehen. Da der angebliche Schenker
seine Praxis zu Beginn der Achtzigerjahre aufgegeben haben soll, müsste unter
anderem der angebotene Sachverständigenbeweis zu dem Alter der Zahnprothesen
erhoben werden. Bislang hat das Berufungsgericht lediglich die in dem
strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erstellten Gutachten im Wege des Urkundsbeweises verwertet (vgl. BGH, Beschluss vom 23.
November 2011 - IV ZR 49/11, FamRZ 2012, 297 Rn. 9): Ein Vorgehen nach § 411a ZPO ist ebenso wenig ersichtlich wie eine
Auseinandersetzung mit den in den Revisionsbegründungen der Beklagten
aufgezeigten Angriffen gegen die Gutachten in den Vorinstanzen. Der Vortrag aus
der ersten Instanz ist zu berücksichtigen, da die obsiegenden Beklagten keinen
Anlass für die Wiederholung ihres Vortrags hatten. Insbesondere hätte das
Berufungsgericht auch die von den Beklagten aufgeworfene Frage zu klären, ob es
realistisch ist, dass ein Zahnarzt derartige Mengen an Altzahngold erlangt;
immerhin stehen solche Altmetalle nach der Trennung vom Körper zunächst im
Eigentum der Patienten (vgl. MünchKomm-BGB/Stresemann,
6. Aufl., § 90 Rn. 28) und können nur dann Eigentum des Zahnarztes werden, wenn
der Patient sie an diesen übereignet. Schließlich wäre eine zusammenhängende
Beweiswürdigung aller Indizien vorzunehmen. Nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung dürfen keine hohen Anforderungen an die Widerlegung der
Vermutung gestellt werden (BGH, Urteil vom 15. November 2001 - I ZR 158/99, NJW
2002, 3106, 3108, insoweit in BGHZ 149, 337 ff. nicht abgedruckt; Urteil vom
19. Januar 1977 -VIII ZR 42/75, MDR 1977, 661; MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rn. 60).
38
cc) Schließlich müsste das Berufungsgericht ggf. den auf die
behauptete Schenkung (von Seiten des Klägers) bezogenen Vortrag der Beklagten
zu 1 und 2 unter Berücksichtigung ihrer Revisionsbegründung erneut prüfen.
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2. Sollte das Berufungsgericht dagegen den Vortrag der
Beklagten zu dem Ort der Übergabe (Gebäude der BZK)
als erwiesen ansehen, müsste es sich eine Überzeugung zu der Frage bilden, ob
die BZK Besitzerin war. Dann stritte die
Eigentumsvermutung ohne Rücksicht auf einen möglichen früheren Besitz des
Klägers für die Beklagte zu 4 als letzte Eigenbesitzerin. Ein Besitzerwerb des
Klägers durch den Abtransport reichte zur Widerlegung der Vermutung der
Rechtsfortdauer schon deshalb nicht aus, weil er nicht behauptet, hierdurch
Eigentümer geworden zu sein. Vielmehr müsste er, um den Anspruch gemäß § 985
BGB durchzusetzen, seinen Hauptvortrag beweisen, wonach er das Eigentum durch
Schenkung erworben hat. Demzufolge müsste das Berufungsgericht die hierzu
angebotenen Beweise erheben; ggf. wäre den bereits genannten Beweisangeboten
der Beklagten -nunmehr gegenbeweislich - nachzugehen.
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3. Sollte sich das Berufungsgericht hinsichtlich des Übergabeorts keine Überzeugung bilden können, käme es darauf an, ob der Kläger dem Hauptvortrag entsprechend seinen früheren Besitz beweisen kann, der die Vermutung der Rechtsfortdauer begründet (§ 1006 Abs. 2 BGB). Sofern dies gelingt, wäre wiederum die Widerlegung der Eigentumsvermutung durch die Beklagten zu prüfen. Sollte der Kläger dagegen seinen früheren Besitz nicht beweisen können, wäre der Hauptvortrag (Eigentums- und damit auch Besitzerwerb durch Übereignung aufgrund der Schenkung) zwangsläufig insgesamt unbewiesen und die Klage zu Recht ohne Erfolg geblieben.