BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Die Vollstreckungsverjährung in der Bundesrepublik
Deutschland hinsichtlich eines Ordnungsgeldbeschlusses zur Durchsetzung einer
Unterlassungsverpflichtung ruht nicht während der Dauer des
Vollstreckbarerklärungsverfahrens hinsichtlich des Ordnungsgeldbeschlusses in
einem anderen Mitgliedstaat. Ob die Vollstreckungsverjährung in diesem
Mitgliedstaat gehemmt ist oder ruht, ist von den Gerichten dieses
Mitgliedstaates nach ihrem Recht zu beurteilen.
BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 123/12 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die
mündliche Verhandlung vom 7. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Kayser und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr.
Fischer und Grupp für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 2.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. April 2012 wird insoweit
als unzulässig verworfen, als es die Berufung gegen die Abweisung der
Vollstreckungsgegenklage zurückgewiesen hat.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. April 2012 im Übrigen wie
folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass der Ordnungsgeldbeschluss des
Landgerichts Düsseldorf vom 17. August 2006 (4a O
582/05 ZV) gegen die Klägerin in der Bundesrepublik
Deutschland nicht mehr vollstreckbar ist.
Die weitergehenden Rechtsmittel der Klägerin werden
zurückgewiesen.
Von den Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin
90 v.H., das beklagte Land 10 v.H.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist ein in den Niederlanden ansässiges
Unternehmen, das Pflanzenschutzmittel vertreibt. Mit Beschluss vom 19. Dezember
2005 wurde ihr vom Landgericht Düsseldorf im Wege der einstweiligen Verfügung
untersagt, Pflanzenschutzmittel mit bestimmten Merkmalen in der Bundesrepublik
Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken
einzuführen oder zu besitzen.
2
Wegen Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot verhängte das
Landgericht Düsseldorf auf Antrag der Verfügungsgläubigerin gegen die Klägerin
mit Beschluss vom 17. August 2006 ein Ordnungsgeld von 20.000 €. Um den Ordnungsgeldbeschluss
in den Niederlanden vollstrecken lassen zu können, beantragte die
Verfügungsgläubigerin dort die Vollstreckbarerklärung des
Ordnungsgeldbeschlusses. Das Verfahren ist derzeit vor dem Hoge Raad in Den Haag anhängig; dieser hatte das Verfahren
zunächst ausgesetzt, um eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs
einzuholen. Dieser hat mit Urteil vom 18. Oktober 2011 (Rs
C-406/09, ZIP 2012, 344) entschieden, dass der Begriff "Zivil- und
Handelssachen" in Art. 1 EuGVVO dahin auszulegen ist, dass diese
Verordnung auf die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung eines
Gerichts anzuwenden ist, die eine Verurteilung zur Zahlung eines Ordnungsgeldes
umfasst, um eine gerichtliche Entscheidung in einer Zivil- und Handelssache
durchzusetzen.
3
Die Klägerin hält die Vollstreckung aus dem
Ordnungsgeldbeschluss nunmehr für unzulässig, weil Vollstreckungsverjährung
eingetreten sei. Mit ihrer Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen hat sie
beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Ordnungsgeldbeschluss für unzulässig
zu erklären, das beklagte Land zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung
an die Klägerin herauszugeben und festzustellen, dass das beklagte Land aus dem
Beschluss gegen die Klägerin keine Ansprüche habe.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung,
diese sei hinsichtlich der beantragten Unzulässigerklärung
mangels Statthaftigkeit der Vollstreckungsgegenklage unzulässig, im Übrigen
unbegründet. Mit der hiergegen eingelegten Berufung hat die Klägerin nur das
Herausgabebegehren nicht weiter verfolgt. Hilfsweise zu dem Feststellungsantrag
hat sie zusätzlich beantragt festzustellen, dass ein Anspruch des beklagten
Landes gegen die Klägerin aus dem Ordnungsmittelbeschluss nicht mehr vollstreckbar
sei.
5
Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht
hat die Revision zugelassen.
Entscheidungsgründe:
I.
6
Das Berufungsgericht hat gemeint, die
Vollstreckungsgegenklage sei unzulässig. Das ergebe sich bereits daraus, dass
die Beitreibung von Ordnungsgeld nach den Bestimmungen der
Justizbeitreibungsordnung erfolge, diese aber § 767 ZPO in § 6 Abs. 1 JBeitrO
nicht für sinngemäß anwendbar erkläre. § 767 ZPO sei auch nicht analog
anwendbar, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Zwar unterliege
ein Ordnungsgeld der Vollstreckungsverjährung nach Art. 9 Abs. 2 EGStGB. Der in
Fällen wie vorliegend nicht auszuschließende Eintritt der Verjährung könne aber
im Wege der Erinnerung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrO, § 766 ZPO geltend
gemacht werden, wodurch der Justizgewährungspflicht genügt sei.
7
Für den Feststellungsantrag, dass das beklagte Land aus dem
Ordnungsgeldbeschluss keine Ansprüche mehr habe, fehle das
Feststellungsinteresse. Da die Klägerin im Inland über kein Vermögen verfüge,
sei sie hier nicht der Zwangsvollstreckung ausgesetzt. Für die
Vollstreckbarerklärung in den Niederlanden sei die begehrte Feststellung
bedeutungslos, weil sich die in Art. 38 EuGVVO vorausgesetzte Vollstreckbarkeit
des Ordnungsgeldbeschlusses durch eine derartige Feststellung nicht ändere.
8
Letztlich gehe es der Klägerin um die in der Berufung
hilfsweise begehrte Feststellung der fehlenden Durchsetzbarkeit des
Ordnungsgeldbeschlusses. Ob insoweit ein Feststellungsinteresse bestehe, könne
dahinstehen. Die Klage sei insoweit jedenfalls unbegründet.
Verfolgungsverjährung könne mit Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses nicht mehr
eintreten, wohl aber Vollstreckungsverjährung nach Art. 9 Abs. 2 EGStGB. Diese
wäre zwar ohne Ruhen der Verjährung vor Klageerhebung am 23. Juli 2010
eingetreten gewesen. Die Verjährung habe aber nach Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2
EGStGB geruht, weil eine Aussetzung der Vollstreckung anzunehmen sei. Müsse das
Ordnungsgeld im Ausland beigetrieben und deshalb dort zunächst das
Vollstreckbarerklärungsverfahren betrieben werden, könne dies auch bei nicht
zögerlicher Behandlung mehr Zeit in Anspruch nehmen, als die Verjährungsfrist
andauere. Würde die Verjährungsfrist laufen, habe der Vollstreckungsgläubiger
keine Möglichkeit, den Vollstreckungsschuldner zur Befolgung des gegen ihn
verhängten Verbotes anzuhalten. Dies stehe in Widerspruch zu den Zielen der
Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur
Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vom 29. April 2004. Eine
richtlinienkonforme Auslegung des Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 EGStGB erfordere,
dass die Einleitung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens im Ausland einer
Aussetzung der Vollstreckung im Inland gleichgestellt werde. Die Durchsetzung
von Unterlassungsansprüchen gegen ausländische Vollstreckungsschuldner dürfe
nicht daran scheitern, dass der Anspruch auf Zahlung des Ordnungsgeldes
verjähre, bevor das erforderliche Anerkennungsverfahren beendet werden könne.
9
Außerdem habe die Vollstreckung nach Art. 9 Abs. 2 Satz 4
Nr. 1 EGStGB geruht, weil sie ohne die Vollstreckbarerklärung in den
Niederlanden nicht habe beginnen können, was sich schon aus dem Wortlaut,
jedenfalls aus einer richtlinienkonformen Auslegung der Vorschrift ergebe.
II.
10
Die Revision ist nur zulässig, soweit sie sich gegen die
Abweisung der Feststellungsanträge richtet. Im Übrigen steht der
Statthaftigkeit des Rechtsmittels die fehlende Zulassung entgegen (§ 543 Abs. 1
ZPO). Insoweit ist sie als unzulässig zu verwerfen.
11
1. Das Berufungsgericht hat im Tenor des angefochtenen
Urteils die Revision ohne ausdrückliche Beschränkung zugelassen. Eine solche
Beschränkung kann sich jedoch aus den Urteilsgründen ergeben. Dort führt das
Berufungsgericht aus, die Revision werde zugelassen, weil die Frage von
grundsätzlicher Bedeutung sei, ob die Frist für die Verjährung einer
Vollstreckung von Ordnungsgeldbeschlüssen unabhängig von der Dauer eines im
Ausland betriebenen Anerkennungsverfahrens ablaufe. Hieraus ergibt sich eine
Beschränkung der Revisionszulassung auf den prozessualen Anspruch, bezüglich
dessen die Rechtsfrage zu Lasten der Klägerin entscheidungserheblich geworden
ist, nämlich hinsichtlich der Feststellungsanträge.
12
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind
für die Prüfung des Umfangs einer zugelassen Revision auch die
Entscheidungsgründe des Berufungsurteils heranzuziehen. In diesen Fällen ist es
jedoch erforderlich, dass sich die Beschränkung der Zulassung klar ergibt (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII
ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 360 f; vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01, NJW
2004, 1324; vom 3. März 2005 - IX ZR 45/04, NJW-RR 2005, 715, 716; vom 13. Juli
2007 - VI ZR 273/03, NJW 2004, 3176, 3177; vom 16. September 2009 - VIII ZR
243/08, BGHZ 182, 241 Rn. 11; Beschluss vom 10. Februar 2011 - VII ZR 71/10,
NJW 2011, 1228 Rn. 12; Urteil vom 12. Mai 2010 - VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015
Rn. 18; vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, ZIP 2011, 2491 Rn. 18).
13
Das ist anzunehmen, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung
das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, bei mehreren
Streitgegenständen nur für einen von ihnen erheblich ist, weil dann in der
Angabe dieses Zulassungsgrundes regelmäßig eine eindeutige Beschränkung der
Zulassung auf diesen Anspruch zu sehen ist (st.
Rspr., vgl. z.B. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003, aaO S. 362; vom 3. März 2005,
aaO; vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 159/09, WuM 2010, 163 Rn. 14; Beschluss vom
10. Februar 2011, aaO Rn. 11; Urteil vom 12. Mai 2010, aaO Rn. 18).
14
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht
die Revision hinsichtlich der Frage, ob eine Vollstreckungsabwehrklage
statthaft ist, nicht zugelassen. Insoweit handelt es sich um einen eigenen
Streitgegenstand, über den unabhängig vom Rest der Klage entschieden werden
konnte. Das Berufungsgericht hat eine Vollstreckungsgegenklage für nicht
statthaft angesehen und insoweit keinen Klärungsbedarf gesehen. Die vom
Berufungsgericht für klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage hatte für die
Frage der Statthaftigkeit der Vollstreckungsgegenklage keinerlei Bedeutung.
Daraus ergibt sich eindeutig, dass sich die Zulassung der Revision nur auf die
Feststellungsanträge bezieht.
III.
15
Hinsichtlich der Feststellungsanträge ist die Revision
statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nur hinsichtlich des
Hilfsantrages zum kleineren Teil begründet.
16
1. Haupt- und Hilfsantrag zur begehrten Feststellung sind
zulässig.
17
a) Hinsichtlich des Hauptantrages hat das Berufungsgericht das
Feststellungsinteresse mit der Begründung verneint, die Klägerin verfüge in der
Bundesrepublik Deutschland über kein Vermögen und der Erwerb von Vermögen
stelle nur eine theoretische Möglichkeit dar, ein konkret und unmittelbar
bevorstehender Erwerb sei nicht geltend gemacht. Für die Vollstreckbarerklärung
in den Niederlanden sei eine solche Feststellung nicht von Bedeutung.
18
Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Der
Ordnungsgeldbeschluss dient der Durchsetzung einer einstweiligen Verfügung, mit
der der Klägerin untersagt wird, Pflanzenschutzmittel mit bestimmten Merkmalen
in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen. Daraus ergibt sich, dass die
Klägerin Kunden in Deutschland beliefert und Waren einführt, auf die Zugriff
genommen werden könnte. Der Klägerin kann schon aus diesem Grunde nicht das
Interesse abgesprochen werden, feststellen zu lassen, das beklagte Land habe
aus dem Beschluss des Landgerichts vom 17. August 2006 keine Ansprüche mehr.
Dies betrifft ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO, worüber die Parteien
in Streit sind.
19
Eine vorrangig zu verfolgende bessere, ebenso effektive
Rechtsschutzmöglichkeit steht der Klägerin nicht zur Verfügung. Zwischen den
Parteien steht rechtskräftig fest, dass eine Vollstreckungsgegenklage analog §
767 ZPO gegen den Ordnungsgeldbeschluss nicht statthaft ist. Die gemäß §§ 1
Abs. 1 Nr. 3, 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrO, § 766 ZPO statthafte Erinnerung vermag
zwischen den Parteien nicht vor der Durchführung von
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen allgemeine Rechtssicherheit über die hier in Rede
stehende Frage zu schaffen, ob Vollstreckungsverjährung eingetreten ist. Die
Erinnerung ist erst ab Beginn der konkreten Vollstreckungsmaßnahme zulässig
(Walker in Schuschke/ Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 5.
Aufl., § 766 Rn. 21), oder bei unmittelbar bevorstehenden Vollstreckungsmaßnahmen
(BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2004 - IXa ZB
324/03, WM 2005, 292, 293; Prütting/ Gehrlein/Scheuch, ZPO, 4. Aufl., § 766 Rn.
18). Dies abzuwarten, ist der Klägerin nicht zumutbar.
20
b) Diese Erwägungen gelten entsprechend für den hilfsweise
gestellten Feststellungsantrag zur Vollstreckbarkeit des Ordnungsgeldbeschlusses.
21
2. Der Hauptantrag auf Feststellung ist unbegründet. Die für
das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 9 Abs. 2 EGStGB
eingetretene Vollstreckungsverjährung lässt den Anspruch auf Zahlung des
Ordnungsgeldes unberührt.
22
a) Der Ordnungsgeldbeschluss dient gemäß § 890 Abs. 1 ZPO
der Erzwingung von zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen. Das danach
festgesetzte Ordnungsgeld wird nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 3, 2 Abs. 1 JBeitrO
beigetrieben (Sturhahn in Schuschke/Walker, aaO § 890
Rn. 51; Prütting/Gehrlein/ Olzen, aaO § 890 Rn. 24;
Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 890 Rn. 23).
23
Für die Verjährung gilt Art. 9 EGStGB, nämlich für die
Verfolgungsverjährung Art. 9 Abs. 1 EGStGB, für die hier allein in Frage
stehende Vollstreckungsverjährung Art. 9 Abs. 2 EGStGB. Nach der erfolgten
Festsetzung des Ordnungsgeldes kommt nur noch die Vollstreckungsverjährung in
Betracht (BGH, Beschluss vom 5. November 2004 - IXa
ZB 18/04, BGHZ 161, 60, 63 ff).
24
b) Wird unterstellt, dass gemäß Art. 9 Abs. 2 EGStGB
Vollstreckungsverjährung eingetreten ist, bewirkt dies allerdings nicht, dass
das beklagte Land aus dem Ordnungsgeldbeschluss keine Ansprüche mehr hätte.
Zivilrechtlich führt die Verjährung nicht zum Erlöschen des Anspruchs, sondern
lediglich zur Begründung eines dauernden Leistungsverweigerungsrechts nach §
214 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 58/09, NJW 2010, 2422
Rn. 27 mwN; Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., § 214 Rn. 1 f).
25
Strafrechtlich führt die Vollstreckungsverjährung nach § 79
Abs. 1 StGB ebenfalls lediglich dazu, dass die Strafe nicht mehr vollstreckt
werden kann (Rosenau in Satzger/Schmitt/Widmaier,
StGB, § 79 Rn. 1 f). Ihre Wirkung ist auf das Vollstreckungsverfahren
beschränkt, schafft also ein Vollstreckungshindernis. Der Verurteilte bleibt
jedoch verurteilt (MünchKomm-StGB/Mitsch, 2. Aufl., §
79 Rn. 1). Dementsprechend ist auch nach Art. 9 Abs 2
EGStGB vorgesehen, dass nach Eintritt der (Vollstreckungs-)Verjährung
(lediglich) die Vollstreckung des Ordnungsgeldes ausgeschlossen ist.
26
Gleich, ob zivil- oder strafrechtliche Grundsätze zugrunde
zu legen sind, ist das Ordnungsgeld weiterhin rechtskräftig festgesetzt. Es
kann nur nicht mehr vollstreckt werden. Eine Feststellung, dass kein Anspruch
gegen die Klägerin aus dem Ordnungsgeldbeschluss besteht, kann folglich nicht
getroffen werden.
27
3. Der Hilfsantrag zur Feststellung ist insoweit begründet,
als er die Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland betrifft. Im Übrigen
ist er unbegründet.
28
a) Hinsichtlich der Vollstreckbarkeit in Deutschland ist
wegen des Ordnungsgeldbeschlusses vom 17. August 2006 nach den Feststellungen
des Berufungsgerichts Vollstreckungsverjährung nach Art. 9 Abs. 2 EGStGB
eingetreten, sofern nicht ein Ruhen der Verjährung anzunehmen ist. Dies wird
von den Parteien nicht in Frage gestellt. Die zweijährige Verjährung beginnt
gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 3 EGStGB, sobald das Ordnungsgeld vollstreckbar ist.
Ein Ordnungsmittelbeschluss nach § 890 ZPO ist trotz einer möglichen aufschiebenden
Wirkung der sofortigen Beschwerde mit seinem Wirksamwerden beziehungsweise der
Zustellung gemäß §§ 794 Abs. 1 Nr. 3, 793, § 570 ZPO grundsätzlich
vollstreckbar (BGH, Beschluss vom 5. November 2004 - IXa
ZB 18/04, BGHZ 161, 60, 65).
29
Da der am 17. August 2006 erlassene Ordnungsgeldbeschluss am
21. August 2006 zum Zwecke der Zustellung zur Post gegeben worden ist und die
Klägerin selbst unbeanstandet die Zustellung spätestens am 29. August 2006
behauptet, ist die Vollstreckungsverjährung jedenfalls im Zeitpunkt der
Zustellung der vorliegenden Klage am 23. Juli 2010 eingetreten gewesen.
30
b) Das Berufungsgericht nimmt zu Unrecht an, die
Vollstreckungsverjährung habe gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 und 2 EGStGB für
die Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland geruht. In der
Bundesrepublik Deutschland stand der Vollstreckung nichts entgegen. Die
Vollstreckung war hier weder ausgesetzt (Nr. 2) noch konnte hier mit der
Vollstreckung nicht begonnen oder die Vollstreckung nicht fortgesetzt werden
(Nr. 1). Der Umstand, dass in der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich nicht
vollstreckt werden konnte, weil hier kein zugriffsfähiges Vermögen vorhanden
war oder festgestellt werden konnte, änderte an der Vollstreckbarkeit nichts.
Insbesondere führte das Vollstreckbarerklärungsverfahren in den Niederlanden
nicht dazu, dass in der Bundesrepublik Deutschland die Vollstreckung ausgesetzt
gewesen wäre oder nicht hätte begonnen oder fortgesetzt werden können.
31
Dem Antrag der Klägerin festzustellen, dass ein Anspruch des
beklagten Landes gegen die Klägerin aus dem Ordnungsgeldbeschluss nicht mehr
vollstreckbar sei, ist danach für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
stattzugeben.
32
c) Soweit die Klägerin darüber hinaus begehrt festzustellen,
dass der Beschluss generell nicht mehr vollstreckbar ist, also auch nicht in
den Niederlanden, ist die Klage unbegründet. Die Frage, ob der Ordnungsgeldbeschluss
in den Niederlanden vollstreckbar ist, ist der Beurteilung durch die
niederländischen Gerichte nach niederländischem Recht vorbehalten.
33
aa) Nach dem Urteil des
Europäischen Gerichtshofs vom 18. Oktober 2011 kann der Ordnungsgeldbeschluss
vom 17. August 2006 in den Niederlanden nach Art. 38 ff EuGVVO für
vollstreckbar erklärt werden, weil der Begriff der "Zivil- und
Handelssache" in Art. 1 EuGVVO dahin auszulegen ist, dass diese Verordnung
auf die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung eines Gerichts
anzuwenden ist, die eine Verurteilung zur Zahlung eines Ordnungsgeldes umfasst,
um eine gerichtliche Entscheidung in einer Zivil- und Handelssache
durchzusetzen (EuGH, Urteil vom 18. Oktober 2011, aaO Rn. 35 ff).
34
bb) Voraussetzung der
Vollstreckbarerklärung in den Niederlanden ist gemäß Art. 38 Abs. 1 EuGVVO,
dass der Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts Düsseldorf in der
Bundesrepublik Deutschland vollstreckbar ist. Diese Vollstreckbarkeit ist trotz
Eintritts der Vollstreckungsverjährung in Deutschland gegeben. Wie sich aus der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt, betrifft der Begriff der
Vollstreckbarkeit im Urteilsstaat gemäß Art. 38 Abs. 1 EuGVVO lediglich die
Vollstreckbarkeit in formeller Hinsicht, nicht aber die Voraussetzungen, unter
denen die Entscheidung im Urteilsstaat tatsächlich vollstreckt werden kann
(EuGH, Urteil vom 2. Juli 1985, Rs. C-148/84,
Deutsche Genossenschaftsbank, Slg. 1985, 1981 Rn. 18;
vom 4. Februar 1988, Rs. C-145/86, Hoffmann, Slg. 1988, 645 Rn. 27; vom 29. April 1999, Rs. C-267/97, Coursier/Fortis
Bank, Slg. 1999, I 2543 Rn. 24 ff; BGH, Beschluss vom
22. Januar 2009 - IX ZB 42/06, NJW-RR 2009, 565 Rn. 10; Kropholler/von Hein,
Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 38 EuGVO
Rn. 6).
35
Die Vollstreckbarkeit im Sinne des Art. 38 EuGVVO ergibt
sich letztlich verbindlich aus der offiziellen Bescheinigung gemäß Art. 53 Abs.
2, 54 EuGVVO in Verbindung mit dem Anhang V der Verordnung (EuGH, Urteil vom 28.
April 2009, Rs. C-420/07 Apostolides,
Slg. 2009, 3571 Rn. 63 ff; Kropholler/ von Hein, aaO
Art. 38 EuGVO Rn. 6). Diese Bescheinigung ist hier
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erteilt worden.
36
cc) Die Frage, ob der Vollstreckung in den Niederlanden die Vollstreckungsverjährung entgegensteht, richtet sich nach niederländischem Recht. Die EuGVVO regelt nur das Verfahren zur Zulassung der Zwangsvollstreckung aus ausländischen vollstreckbaren Titeln und lässt die eigentliche Zwangsvollstreckung unberührt, die dem nationalen Recht des Vollstreckungsstaates unterliegt (EuGH, Urteil vom 2. Juli 1985, aaO Rn. 18; vom 3. Oktober 1985, Rs. C-119/84, Capelloni und Aquilini, Slg. 1985, 3147 Rn. 16; vom 4. Februar 1988, aaO Rn. 27; vom 29. April 1999, aaO Rn. 28; vom 28. April 2009, aaO Rn. 69; BGH, Beschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 174/04, BGHZ 171, 310 Rn. 31; Kropholler/von Hein, aaO Art. 38 EuGVO Rn. 9; vgl. auch BGH, Beschluss vom 5. Juni 2012 - IX ZB 31/10, ZIP 2012, 1371 Rn. 7). Dem niederländischen Gericht ist es demgemäß vorbehalten zu entscheiden, ob in den Niederlanden Vollstreckungsverjährung nach niederländischem Recht eingetreten ist oder ob eine solche Verjährung infolge des Vollstreckbarerklärungsverfahrens gehemmt war oder geruht hat.