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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 77/11
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf
die mündliche Verhandlung vom 8. November 2011 durch die Richter Vill, Prof. Dr.
Gehrlein, die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape
für Recht erkannt:
Auf die Revision des
Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom
20. April 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an
das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke
in L. . Am 11./13. April 2006 schloss sie mit der K. mbH einen Mietvertrag über
das auf diesen Grundstücken zu errichtende Geschäftshaus samt Tiefgarage. Diese
Gesellschaft war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits
an die K. W. GmbH. Mit einem am 29./30. September 2008 abgeschlossenen dritten
Nachtrag zu dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Zwischenmieterin trat
die A. AG, vormals K. AG, anstelle der K. mbH in den bestehenden Mietvertrag mit
Wirkung zum 1. Oktober 2008 ein.
2
Über das Vermögen der A. AG (nachfolgend:
Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9. Juni 2009 mit Beschluss des Amtsgerichts
Essen vom 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr.
G. als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist mit Wirkung vom 1.
Dezember 2011 während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens aus dem Amt
entlassen und an seiner Stelle Rechtsanwalt J. zum Verwalter bestellt worden.
3
Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem
Beklagten, der das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2009 gekündigt hat, aus der
Masse im Wege des Urkundenprozesses der Höhe nach unstreitige offene restliche
Mietforderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis
einschließlich Dezember 2009 in Höhe von 664.415,40 € für September, 655.310,44
€ für Oktober, 652.770,22 € für November und 652.478,98 € für Dezember, zusammen
2.624.975,04 €, jeweils zuzüglich Zinsen. In Höhe von weiteren 462.989,33 € hat
die Klägerin die Klage einseitig für erledigt erklärt.
4
Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften
bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K. mbH vermietet hatten.
Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist die F. GmbH (nachfolgend: F.
GmbH). Diese schloss am 13. Dezember 2002 mit der Schuldnerin, damals noch
firmierend als K. AG, einen Mietverschaffungsvertrag. Danach hatte die
Schuldnerin gegenüber der F. GmbH dafür einzustehen, dass die spätere Mieterin,
die K. mbH, sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.
5
Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die
Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis
unter dem Gesichtspunkt der Schenkungs- (§ 134 InsO) und der Vorsatzanfechtung
(§ 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO) geltend.
6
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang
stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren
vorbehalten. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom
Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren
weiter.
Entscheidungsgründe:
7
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur
Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung.
8
Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden
Zulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der
§§ 241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (BGH, Urteil vom 12.
Mai 2011 - IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 Rn. 6; vom 26. April 2012 - IX ZR
146/11, ZIP 2012, 1183 Rn. 17). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des
Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter
anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des
Verfahrens nicht beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, aaO; vom 26.
April 2012, aaO).
I.
9
Das Berufungsgericht hat gemeint, der Klägerin stehe
die geltend gemachte Mietzinsforderung zu, weil die Schuldnerin wirksam in das
Mietverhältnis eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung sei nicht nach § 134
Abs. 1 oder § 133 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO anfechtbar, weil es an einer
objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Zwar werde die Insolvenzmasse
aufgrund der Übernahme des Mietvertrags insofern verkürzt, als die Masse nach §
108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
geschuldeten Mieten hafte, während ohne die Vertragsübernahme aufgrund der im
Mietverschaffungsvertrag vereinbarten Mithaftung der Schuldnerin für die
Verbindlichkeiten der früheren Mieterin lediglich eine Insolvenzforderung
bestünde. Diese Besserstellung der Klägerin dürfe jedoch nicht isoliert
betrachtet werden. Hier stehe eine zu berücksichtigende Massemehrung durch die
Gewährung des Gebrauchs der Mietsache entgegen. Dass die vertraglich vereinbarte
Miete überhöht sei, habe der Beklagte nicht mit den im Urkundenprozess
zulässigen Beweismitteln nachgewiesen. Der Einwand der vorsätzlichen
sittenwidrigen Schädigung greife jedenfalls mangels eingetretener Schädigung
nicht durch.
II.
10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht
stand.
11
Der Klage kann nicht mit der Begründung des
Berufungsgerichts stattgegeben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu
legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im Urkundenprozess
von einer wirksamen Anfechtung des dritten Nachtrags zum Mietvertrag vom 28./29.
September 2008 auszugehen ist.
12
1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach §
129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive
Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden,
ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine
mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreicht. Für die vom Berufungsgericht
erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare
Gläubigerbenachteiligung, für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach
§ 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung
erforderlich (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 19).
13
a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das
Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
14
aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn
die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse
verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt,
erschwert, oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten
der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise
günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009,
1750 Rn. 25; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 Rn. 8; vom 29.
September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 6 mwN).
15
Für eine mittelbare Benachteiligung der
Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren
Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der
letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess ergibt, dass die
Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen,
durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. BGH, Urteil
vom 26. April 2012, aaO Rn. 22).
16
Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür
maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar
erst in der Berufung vorgetragen, aber zugelassen oder zuzulassen waren oder
wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen
Verhandlung erster Instanz zugetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April
2012, aaO Rn. 23).
17
Daher kann auch jemand, der zur Zeit der Vornahme
der Rechtshandlung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger
war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene
weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung
verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv
jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde (BGH,
Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 24).
18
bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu
einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die Insolvenzanfechtung
wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im
Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen
Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu begleichen, während die
Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der §§ 38, 87, 187 ff InsO gleichmäßig und
quotal befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des
Insolvenzverfahrens nur Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geworden wäre, durch
eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie
im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu
begleichen ist, wird die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren
Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse verringert
sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren
(BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 26).
19
Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30.
September 2008 führte dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1
InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten
haftet, die gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorweg als Masseverbindlichkeiten
zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus
dem Mietverschaffungsvertrag ebenfalls für die von der K. mbH geschuldeten
Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine
Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen und
die quotal wie alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt worden wäre. Durch
die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der
Befriedigungsmöglichkeit der anderen Insolvenzgläubiger ist deshalb eine - durch
die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte - mittelbare
Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten (BGH, Urteil vom 26. April
2012, aaO Rn. 27).
20
b) Die für § 133 Abs. 2 InsO erforderliche
unmittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im
Ergebnis zutreffend verneint. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer
Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch
die angefochtene Rechtshandlung beeinträchtigt wurden (BGH, Urteil vom 19. Mai
2009 - IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 18; vom 26. April 2012, aaO Rn. 28).
21
aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die
Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug
hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der
Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem Mietverschaffungsvertrag frei
geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine
unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.
22
bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9. Juli 2009
(IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen.
Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch
dieselbe Handlung nicht nur die Schuldenmasse, sondern auch die Aktivmasse
erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im
Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach
schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist anfechtungsrechtlich nicht zulässig
(BGH, aaO Rn. 36 f).
23
Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der
Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein positive (Wertschöpfung durch das
Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des
Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass
diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen. Bei der Feststellung
der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu
berücksichtigen, die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer
Handlung anknüpfen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 31).
24
Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines
gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrages insolvenzrechtlich angefochten, so
kann die gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht
des Schuldners entnommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung
zustande gekommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der
Gegenleistung des Anfechtungsgegners unberücksichtigt bleibt. Besteht der
anfechtungsrechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch
den Abschluss des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage, sondern in der
Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der
Anfechtung die Willenserklärung, die auf Eingehung der vertraglichen
Verpflichtung gerichtet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht
zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung, sondern
gemäß § 143 Abs. 1 InsO lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer
durch die angefochtene Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen
Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nicht auf
die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende
Willenserklärung berufen kann (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 32).
25
Damit entfallen mit der Anfechtung einer Erklärung
auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch
die angefochtene Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive
Gläubigerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die
Gegenleistung in die Beurteilung einzubeziehen.
26
cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist
hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen
wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht
dem Wert der Gegenleistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin,
für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits in § 2 Abs. 1
des Mietverschaffungsvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die
Schuldnerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre
Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehörte auch die Pflicht zur Zahlung einer -
gegebenenfalls überhöhten - Miete.
27
Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der F.
GmbH, durfte von dieser aber gemäß § 2 Abs. 2 des Mietverschaffungsvertrages an
die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die
Schuldnerin für die Erfüllung sämtlicher Pflichten der Mieterin einzustehen
hatte. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals - entgeltlich -
die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des
Mietvertrages einzustehen, ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte
zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon
vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen
wirtschaftlichen Betrachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den
Eintritt in den Mietvertrag nicht unmittelbar verschlechtert.
28
2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach
§ 134 Abs. 1 InsO liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor.
29
a) Eine Leistung der Schuldnerin liegt vor. Die
Regelungen des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte
gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines
bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch
eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der
Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet nicht nur eine weite
Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 -
IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR
199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10), sondern auch des Begriffes der Leistung (BGH,
Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 37).
30
Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von
Leistungspflichten durch den Schuldner ist als Leistung im Sinne des § 134 InsO
anzusehen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 38). Erfasst werden nicht nur
Verfügungen, sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte (BGH, Urteil vom 21.
Januar 1993 - IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 182). Ausreichend ist, dass die
Handlung das Vermögen des Schuldners mindert. Das ist bei der Übernahme
vertraglicher Verpflichtungen der Fall (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO).
31
b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die
Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie
vereinbarungsgemäß keine Gegenleistung, sei es an den Schuldner, sei es an einen
Dritten, erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition
aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet
grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urteil vom
5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 11).
32
Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als
unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine
Leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll,
die dem aufgegebenen Vermögenswert (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR
194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht.
Übernimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines Dritten aus
einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es
für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistung
der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach den übernommenen
Vertrag zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die Vertragsübernahme als
solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der Beurteilung der
Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu berücksichtigen. Der Umstand,
dass für die Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht
wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.
33
Durch den dritten Nachtrag zum Mietvertrag ist die
Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K. mbH eingetreten und hat deren
sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechtsgrund, auch
soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§ 1). Eine gesonderte
Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht
erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, die die Klägerin nach dem
Mietvertrag schuldete. Hiernach hat sie sich dazu verpflichtet, ihre Pflichten
aus dem Mietvertrag nunmehr gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die
vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin
nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zustand, obwohl sie für
alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur
Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die Zeit, in der nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit
Wirkung für die Masse nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestand.
34
Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin ergibt
sich allein aus dem Nachtrag zum Mietvertrag allerdings im Hinblick auf die
Verpflichtung der Schuldnerin, bereits in der Vergangenheit entstandene
Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen aber ist insoweit die
zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem
Mietverschaffungsvertrag. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im
Zeitpunkt des Vertragseintritts noch zahlungsfähig oder die Miete überhöht war,
hatte die Schuldnerin für die jetzt übernommenen Pflichten ohnehin einzustehen.
Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen
Vermieterin eingeräumt.
35
Soweit die Revision meint, für die Beurteilung der
Unentgeltlichkeit sei ausschließlich auf das Verhältnis der im Rahmen des
übernommenen Vertrages ausgetauschten Werte abzustellen, zuvor abgeschlossene
Verträge dürften keine Berücksichtigung finden, übersieht sie den Regelungszweck
des § 134 InsO. Hat der Schuldner durch Vertrag eine eigene Verpflichtung
übernommen, die er als Mitverpflichteter aus einem früheren Vertrag ohnehin zu
erfüllen hatte, hat er der Masse nichts entzogen, was er nicht ohnehin hätte
leisten müssen.
36
Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin
zwar für ein mögliches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil
verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 InsO Massegläubigerin
wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist
aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen (vgl. BGH,
Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 Rn. 11). Dies war hier der
Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst
später in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere
Situation hat bei der Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach § 134
InsO unberücksichtigt zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn.
43).
III.
37
Die Sache ist nicht zu Endentscheidung reif. Das
Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133
Abs. 1 InsO keine Feststellungen getroffen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26.
April 2012 - IX ZR 73/11, WM 2012, 1079 Rn. 8 f). Das Berufungsurteil ist
deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, §
563 Abs. 1 ZPO.