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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
ZPO § 840
Der Drittschuldner ist nicht verpflichtet, den
Vollstreckungsgläubiger auf eine aufrechenbare Gegenforderung hinzuweisen, wenn
er erklärt, die gepfändete Forderung nicht als begründet anzuerkennen.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - IX ZR 97/12 - LG
Darmstadt, AG Darmstadt
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die
mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Kayser, die Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter
Dr. Pape
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des
Landgerichts Darmstadt vom 16. März 2012 wird auf Kosten des Klägers
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger betrieb wegen einer Forderung in Höhe von
1.023,99 € gegen Herrn M. T. (nachfolgend: Schuldner) die Zwangsvollstreckung.
Hierzu erwirkte er einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem er einen
angeblichen Freistellungsanspruch des Schuldners gegen den Beklagten in Höhe von
1.023,99 € aus Anwaltshaftung pfändete. Der Beschluss wurde dem Beklagten am 27.
Mai 2010 als Drittschuldner mit der Aufforderung zugestellt, sich nach § 840 ZPO
zu erklären. Mit Schreiben vom 28. Mai 2010 erklärte der Beklagte gegenüber dem
Kläger, er erkenne die Forderung nicht an.
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Im Hinblick auf diese Erklärung hat der Kläger den
gepfändeten Freistellungsanspruch klageweise geltend gemacht. Der Beklagte hat
gegenüber dieser Forderung die Aufrechnung mit einem zu seinen Gunsten am 15.
Juni 2010 gegen den Schuldner titulierten Honoraranspruch in Höhe von 4.644,30 €
erklärt. Hierauf hat der Kläger die Klage geändert und die Feststellung begehrt,
dass der Beklagte verpflichtet sei, ihm den durch die Nichterteilung der
Drittschuldnerauskunft entstandenen Schaden zu ersetzen. Die erteilte Auskunft
sei unvollständig, weil der Beklagte nicht auf die zu seinen Gunsten bestehende
Aufrechnungslage hingewiesen habe.
3
Die Vorinstanzen haben die Klage als unbegründet
abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der
Kläger seinen Feststellungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
4
Die Revision ist unbegründet.
I.
5
Das Berufungsgericht hat eine Haftung des Beklagten aus §
840 Abs. 2 Satz 2 ZPO für den aus der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung
aus § 840 Abs. 1 ZPO entstandenen Schaden verneint. Es hat hierzu ausgeführt,
der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, im Rahmen der von ihm nach § 840
Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu erteilenden Drittschuldnerauskunft auf eine zu seinen
Gunsten bestehende Aufrechnungsmöglichkeit hinzuweisen. Der Drittschuldner stehe
zum pfändenden Gläubiger in keiner unmittelbaren Rechtsbeziehung. Er sei daher
nicht verpflichtet, nähere Auskunft über seine Rechtspositionen zu geben, um das
Prozessrisiko des pfändenden Gläubigers zu senken. Der Drittschuldner könne
verschiedene Gründe haben, eine Forderung nicht anzuerkennen. Er könne den
Einwand der Erfüllung oder die Einrede der Verjährung geltend machen, auch könne
der Drittschuldner von einer Beweisnot des Gläubigers oder von Gegenrechten
ausgehen. Diese Umstände müsse der Drittschuldner nicht offenbaren. Es sei
systemfremd, die Aufrechnungslage davon auszunehmen. Auch habe das bloße
Bestehen einer Aufrechnungslage keinen Einfluss auf den Bestand der Forderung,
weil der Drittschuldner diese erst noch erklären müsse, um die Forderung zum
Erlöschen zu bringen.
II.
6
Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision ohne
Erfolg.
7
1. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger die
Schäden zu ersetzen, welche diesem entstanden sind, weil er mit Schreiben vom
28. Mai 2010 die Forderung ohne nähere Darlegungen nicht anerkannt hatte. Gemäß
§ 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat der Drittschuldner auf Verlangen des Gläubigers zu
erklären, ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und
Zahlungen zu leisten bereit sei. Entsprechend § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO haftet er
dem Gläubiger für den aus der schuldhaften (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 1981
- VIII ZR 1/80, BGHZ 79, 275, 277; vom 25. September 1986 - IX ZR 46/86, BGHZ
98, 291, 293) Nichterfüllung dieser Verpflichtung entstehenden Schaden. Der
Drittschuldner braucht nicht zu erläutern, aus welchen Gründen er die Forderung
nicht anerkennt und zur Zahlung nicht bereit ist. Eine Haftung gemäß § 840 Abs.
2 Satz 2 ZPO wegen Nichtanerkennung der Forderung scheidet grundsätzlich aus
(BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - VII ZB 79/09, WM 2010, 379 Rn. 12).
Gemessen hieran fehlt es an einer schuldhaften Nichterfüllung der dem
Drittschuldner obliegenden Auskunftspflicht. Denn der Beklagte hat auf Verlangen
des Klägers die Auskunft gegeben, er erkenne die Forderung nicht an.
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2. Die Rüge der Revision, die erteilte Auskunft des
Beklagten vom 28. Mai 2010 reiche deshalb nicht aus, weil dieser auf eine zu
seinen Gunsten bestehende Aufrechnungslage nicht hingewiesen habe, dringt nicht
durch. Die aufgezeigten Grundsätze gelten auch für den Fall des Bestehens einer
Aufrechnungslage (vgl. Hk-ZPO/Kemper, 4. Aufl., § 840 Rn. 7; Hk-ZV/Bendtsen, §
840 Rn. 9; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 840 Rn. 9; Thomas/Putzo/ Seiler,
ZPO, 33. Aufl., § 840 Rn. 5; Jurgeleit, Die Haftung des Drittschuldners, 2.
Aufl., Rn. 37 ff; Mümmler, JurBüro 1986, 334, 335; vgl. auch OLG München, NJW
1975, 174, 175; LG Braunschweig, NJW 1962, 2308; Schuschke in Schuschke/Walker,
Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 840 Rn. 7; MünchKomm-ZPO/Smid,
3. Aufl., § 840 Rn. 12; aA Foerste, NJW 1999, 904, 906 ff; Linke, ZZP 87 (1974),
285, 288; Reetz, Die Rechtsstellung des Ar-beitgebers als Drittschuldner in der
Zwangsvollstreckung, S. 26 ff).
9
a) In der Literatur wird allerdings erwogen, dass der
Drittschuldner, der aufgrund einer zulässigen Aufrechnung nicht zu einer
Leistung bereit ist, dies gemäß § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erklären müsse (Stöber,
Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn. 642a; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 840 Rn.
5; Prütting/ Gehrlein/Ahrens, ZPO, § 840 Rn. 12; vgl. auch LG Aachen, ZIP 1981,
784, 787). Da § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO den Drittschuldner verpflichte, sich zu
seiner Zahlungsbereitschaft zu erklären, müsse er offen legen, wenn er die
Forderung zwar als begründet anerkenne, die Zahlungsbereitschaft aufgrund einer
möglichen Aufrechnung aber verneine (Stöber, Forderungspfändung, aaO). Hiernach
hätte der Beklagte die Forderung anerkennen und das Vorliegen einer
Aufrechnungslage anzeigen müssen. Doch vermag die Revision hieraus schon deshalb
nichts für sich herzuleiten, weil der Kläger nicht davon ausgehen durfte, dass
der Beklagte zur Zahlung bereit ist, nachdem er bereits die Forderung nicht
anerkannt hatte.
10
b) Soweit die Revision unter Hinweis auf die vorgenannte
Ansicht eine weitergehende Auskunftspflicht fordert, vermag sie mit ihrer
Auffassung nicht durchzudringen. Der Drittschuldner ist jedenfalls nicht
verpflichtet, auf eine zu seinen Gunsten bestehende Aufrechnungslage
hinzuweisen, wenn er erklärt, die gepfändete Forderung nicht als begründet
anzuerkennen. Der Wortlaut von § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist hinsichtlich des
Umfangs der Auskunftspflicht eng auszulegen. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck
der Bestimmung (vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010, aaO Rn. 11).
11
aa) Soweit § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO den Drittschuldner auch
zu der Erklärung verpflichtet, inwieweit er die Forderung anerkenne und zur
Zahlung bereit sei, lässt der Wortlaut offen, ob sich der Drittschuldner dazu zu
erklären hat, in welcher Höhe er die Forderung anerkennt, oder ob er sich auch
dazu zu erklären hat, aus welchem Grund er die Forderung nicht anerkennt. Für
die letztgenannte weitgehende Auskunftspflicht scheinen die Gesetzesmaterialien
zu sprechen (so etwa Foerste, aaO S. 905 f); denn demnach soll die
Drittschuldnerauskunft unnütze Prozesse vermeiden (vgl. Hahn, Die gesamten
Materialien zur Zivilprozessordnung, 2. Bd., S. 459). Dies legt vordergründig
nahe, dass der Drittschuldner auch solche Umstände offenbaren muss, die der
Forderung oder ihrer Durchsetzbarkeit dauerhaft oder auch vorübergehend
entgegenstehen und deshalb für das weitere Vorgehen des Pfändungsgläubigers
bedeutsam sind (vgl. Foerste, aaO S. 906 f; Linke, aaO S. 288; Reetz, aaO).
12
bb) Der Sinn und Zweck der Bestimmung ist jedoch vor dem
Hintergrund der Pfändung zu beurteilen. Sie soll dem Pfändungsgläubiger die
Entscheidung erleichtern, ob er aus der gepfändeten angeblichen Forderung seines
Schuldners gegen den Drittschuldner vorgehen soll oder nicht (vgl. BGH, Urteil
vom 17. April 1984 - IX ZR 153/83, BGHZ 91, 126, 129; vom 25. September 1986 -
IX ZR 46/86, BGHZ 98, 291, 294; vom 4. Mai 2006 - IX ZR 189/04, ZIP 2006, 1317
Rn. 14). Der Pfändungsgläubiger soll in groben Zügen Informationen dahin
erhalten, ob die gepfändete Forderung als begründet anerkannt und erfüllt wird
oder Dritten zusteht oder ob sie bestritten und deshalb nicht oder nur im
Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren durchzusetzen ist (BGH, Urteil vom 17.
April 1984, aaO). Hierzu ist eine Erklärung ausreichend, dass die Forderung
nicht anerkannt wird.
13
Erkennt der Drittschuldner die Forderung an oder gibt er
dem Pfändungsgläubiger keine Antwort, darf dieser ohne weiteres davon ausgehen,
dass die gepfändete Forderung beigetrieben werden kann. Ergibt später die
Einlassung des Drittschuldners im Einziehungsprozess, dass die geltend gemachte
Forderung nicht besteht oder nicht durchsetzbar ist, kann der Pfändungsgläubiger
auf die Schadensersatzklage übergehen und erreichen, dass aufgrund des § 840
Abs. 2 Satz 2 ZPO der Drittschuldner verurteilt wird, die bisher entstandenen
Kosten zu ersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 1981 - VIII ZR 1/80, BGHZ
79, 275, 280 f; vom 17. April 1984, aaO; vom 4. Mai 2006, aaO Rn. 11). Erkennt
der Drittschuldner demgegenüber die Forderung nicht an, kann der
Pfändungsgläubiger nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Forderung
beigetrieben werden kann. Dies genügt als Warnung vor einem unnützen
Einziehungsprozess.
14
cc) Eine Verpflichtung des Drittschuldners zu
weitergehenden Auskünften würde dem Pfändungsgläubiger demgegenüber das
allgemeine Prozessrisiko abnehmen oder erleichtern, wenn dieser klagt, obwohl
der Drittschuldner die Forderung nicht anerkennt (vgl. Stöber, aaO Rn. 642). Dem
Drittschuldner darf nicht abverlangt werden, vorprozessual sein etwaiges
Verteidigungsvorbringen weitgehend offenzulegen, um eine mögliche Haftung aus §
840 Abs. 2 Satz 2 ZPO auszuschließen. Auch könnte er bereits dann zum
Schadensersatz verpflichtet sein, wenn er irrtümlich den Sachverhalt
unvollständig erfasst oder die Rechtslage unzutreffend beurteilt und die
gepfändete Forderung aus diesem Grund nicht anerkennt. Entsprechende umfassende
Auskünfte könnte er vielfach auch erst nach Einholung von Rechtsrat erteilen. Es
gibt jedoch keinen Grund, den Drittschuldner über den durch die Pfändung
gezogenen Rahmen hinaus mit derart weitgehenden Auskunftspflichten zu belasten
und den Pfändungsgläubiger so gegenüber dem Drittschuldner günstiger zu stellen
als einen neuen Gläubiger nach der Abtretung (§§ 398 ff BGB) gegenüber dem
Schuldner (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 1984, aaO, S. 130; vgl. auch Hahn, Die
gesamten Materialien zur Zivilprozessordnung, 2. Bd., S. 850). Denn auch nach
einer Abtretung muss der Schuldner nach den §§ 398 ff BGB dem neuen Gläubiger
keine Auskunft über den Bestand der Forderung erteilen oder die Substantiierung
einer Einziehungsklage ermöglichen oder erleichtern. Die für die Geltendmachung
der Forderung nötige Auskunft muss der neue Gläubiger im Zweifel gemäß § 402 BGB
vielmehr beim bisherigen Gläubiger einholen. Für die gepfändete Forderung
entspricht dem inhaltlich die mit der BGB-Novelle in die Zivilprozessordnung
aufgenommene Bestimmung des § 836 Abs. 3 ZPO (vgl. Hahn/Mugdan, Die gesammelten
Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 8. Bd., S. 155 f).
15
dd) Der Wortlaut von § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO unterscheidet
hinsichtlich der Erklärungspflicht schließlich auch nicht zwischen dem Einwand
der Aufrechnung und anderen Einwendungen. Der Drittschuldner muss daher auch
nicht ausnahmsweise auf den Einwand der Aufrechnung hinweisen, wenn er die
gepfändete Forderung wegen einer zu seinen Gunsten bestehenden Aufrechnungslage
nicht freiwillig erfüllt und deshalb nicht anerkennt (vgl. Hk-ZV/ Bendtsen, §
840 Rn. 9), zumal er zunächst auch aus anderen Gründen von einer Anerkennung der
Forderung absehen kann. Auch kann die Aufrechnungslage erst nach Abgabe der
Drittschuldnererklärung eintreten. Es würde die Anforderungen an den
Drittschuldner überspannen, ihm für diesen Fall auch noch die Pflicht zur
Aktualisierung seiner Auskunft gegenüber dem Pfändungsgläubiger aufzuerlegen.
Dies wäre bei Bestehen der von der Revision vertretenen weitreichenden
Auskunftspflicht jedoch folgerichtig.
III.
16
Der Beklagte ist dem Kläger auch nicht aus anderen Gründen
zum Schadensersatz verpflichtet. Soweit das Berufungsgericht eine deliktische
Haftung des Beklagten verneint hat, wird dies von der Revision nicht angegriffen
und ist auch rechtlich nicht zu beanstanden.