|
|
|
|
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5
Eine Klausel in einer notariellen Urkunde, mit der sich der Erwerber einer
Eigentumswohnung "wegen etwaiger Verpflichtungen zur Zahlung bestimmter
Geldsummen" der Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde unterwirft, genügt nicht
den Anforderungen des Konkretisierungsgebots.
BGH, Beschluss vom 5. September 2012 - VII ZB 55/11 - LG Darmstadt,
AG Offenbach am
Main
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. September 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, die Richterin Safari Chabestari und die
Richter Dr. Eick, Kosziol und Dr. Kartzke
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des
Landgerichts Darmstadt vom 29. Juli 2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe:
I.
1
Die Schuldnerin wendet sich gegen die Zulässigkeit einer von dem Notar zu einer
notariellen Urkunde erteilten Vollstreckungsklausel.
2
Die Schuldnerin und Jan L. schlossen mit dem Gläubiger als Verkäufer am 19. Juni
2008 vor dem Notar F. einen Kaufvertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung
zum Kaufpreis von 355.000 €. Die Zahlungsvoraussetzungen sind in Ziffer III der
notariellen Urkunde festgelegt:
3
1. Eintragung der durch den Verkäufer unwiderruflich bewilligten und
beantragten Auflassungsvormerkung im Grundbuch.
4
2. Sicherstellung der Lastenfreistellung.
5
Des Weiteren ist dort bestimmt: "Der Kaufpreis in Höhe von 355.000 € ist bis zum
1. September 2008, jedoch nicht vor Ablauf einer Woche nach Zugang
einer schriftlichen Mitteilung des Notars an den Käufer, dass die vorstehenden
Zahlungsvoraussetzungen vorliegen, zur Zahlung fällig. … Der amtierende Notar
wird angewiesen, bei den Gläubigern der Rechte Abt. III lfd. Nr. 3 und 3 a (Bl.
…) bzw. lfd. Nr. 2 und 2 a (Bl. …) die Valutierung per 1. September 2008 zu
erfragen und den Vertragsparteien mitzuteilen, sowie die Löschungsunterlagen von
den Gläubigern zu beantragen und entgegenzunehmen. Der Käufer hat sodann den zur
Ablösung der Valutenstände sich ergebenden Betrag direkt an die
Grundpfandrechtsgläubiger bzw. auf deren Weisung zu zahlen. Ein eventuell
verbleibender Differenzbetrag bis zur Höhe des Kaufpreises ist direkt an den
Verkäufer auf dessen noch bekannt zu gebendes Konto zu zahlen."
6
Die notarielle Urkunde enthält in Ziffer IV folgende Unterwerfungsklausel:
7
"Wegen etwaiger Verpflichtungen zur Zahlung bestimmter Geldsummen unterwirft
sich der Zahlungspflichtige - mehrere als Gesamtschuldner - der sofortigen
Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Der Notar wird
ermächtigt, dem Verkäufer nach Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen auf dessen
jederzeitige Anforderung eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde zu
erteilen."
8
Der Kaufpreis ist noch nicht vollständig entrichtet. Der Gläubiger betreibt die
Zwangsvollstreckung aus der ihm vom Notar erteilten vollstreckbaren
Ausfertigung der Urkunde.
9
Das Amtsgericht hat auf Antrag der Schuldnerin mit Urteil vom 3. September 2010
die Zwangsvollstreckung aus der für die notarielle Urkunde vom 19. Juni 2008
erteilten Vollstreckungsklausel für unzulässig erklärt. Gegen dieses Urteil hat
der Gläubiger Berufung eingelegt. Das Landgericht hat auf das als sofortige
Beschwerde des Gläubigers gewertete Rechtsmittel dieses Urteil aufgehoben und
den Rechtsstreit an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren -
zurückverwiesen.
10
Mit Beschluss vom 9. Dezember 2010 hat das Amtsgericht die Zwangsvollstreckung
aus der für die notarielle Urkunde des Notars F. vom 19. Juni 2008 erteilten
Vollstreckungsklausel für unzulässig erklärt. Das Landgericht hat mit Beschluss
vom 29. Juli 2011 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich
der Gläubiger mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Er
will die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde weiterbetreiben.
II.
11
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
12
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Unterwerfungserklärung
entspreche nicht dem Konkretisierungsgebot des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Dieses
gehe über das allgemeine Bestimmtheitsgebot hinaus. Der Anspruch, in Bezug auf
den sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfe, müsse
konkret bezeichnet werden. Das ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Norm und
lasse sich auch der Gesetzesbegründung entnehmen. Die in der notariellen Urkunde
enthaltene Unterwerfungserklärung genüge diesen Anforderungen nicht. Weder sei
der Anspruch, dem die Vollstreckbarkeit verliehen werden solle, in der
Unterwerfungserklärung konkret bezeichnet, noch werde konkret auf einen im
Rahmen des übrigen Vertrags bezeichneten Anspruch Bezug genommen. Der bloße
Umstand, dass sich der maßgebliche Anspruch möglicherweise im Wege der
Auslegung ermitteln lasse, sei jedenfalls für die Erfüllung des
Konkretisierungsgebots nicht ausreichend.
13
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
14
Das Beschwerdegericht geht zu Recht davon aus, dass das Konkretisierungsgebot
nicht mit dem Bestimmtheitserfordernis gleichzusetzen ist, sondern eine
zusätzliche formelle Voraussetzung für die Erteilung einer
Vollstreckungs-klausel darstellt. Das Konkretisierungsgebot bezieht sich auf den
zu vollstreckenden Anspruch, das Bestimmtheitserfordernis auf dessen Inhalt und
Um-fang, bei einem Zahlungsanspruch insbesondere auf dessen Höhe.
15
Die in Ziffer IV der notariellen Urkunde vom 19. Juni 2008 enthaltene
Unterwerfungserklärung erfüllt jedenfalls nicht die Anforderungen an das
Konkretisierungsgebot.
16
a) Der Anspruch, hinsichtlich dessen sich der Schuldner der sofortigen
Zwangsvollstreckung unterwirft, muss gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO in der
notariellen Urkunde "bezeichnet" sein. Gefordert wird damit die konkrete
Bezeichnung eines jeden in der Urkunde begründeten oder erwähnten Anspruchs,
dem die Vollstreckbarkeit verliehen werden soll (Wolfsteiner, Die vollstreckbare
Urkunde, 2. Aufl., Rn. 11.43; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 794 Rn. 27;
Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 794 Rn. 21; MünchKommZPO/ Wolfsteiner,
3. Aufl., § 794 Rn. 184). Dies legt nicht nur der Wortlaut der gesetzlichen
Bestimmung nahe, sondern ergibt sich auch, wie das Beschwerdegericht zu Recht
herausstellt, aus den Gesetzesmaterialien.
17
Mit der 2. Zwangsvollstreckungsnovelle hat der Gesetzgeber durch Änderung des §
794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO die Möglichkeit geschaffen, die Vollstreckung aus einer
notariellen Urkunde auf grundsätzlich alle vollstreckungsfähigen Ansprüche zu
erstrecken. Gleichzeitig sollte sichergestellt werden, dass der vollstreckbar
gestellte Anspruch im Unterwerfungstitel hinreichend bezeichnet ist. Insoweit
ist in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 13/341, S. 21) ausgeführt:
"Die Erweiterung der Ansprüche, die von einer vollstreckbaren notariellen Urkunde erfasst werden können, erhöht die Bedeutung, die der Bezeichnung des vollstreckbar gestellten Anspruchs im Unterwerfungstitel zukommt. Um pauschale Unterwerfungserklärungen mit den damit verbundenen Erschwernissen des Vollstreckungsverfahrens zu verhindern, sieht der Entwurf vor, dass die Unterwerfungserklärung den betroffenen Anspruch konkret bezeichnen muss."
18
b) Diesen Anforderungen genügt die Unterwerfungserklärung in Ziffer IV der
notariellen Urkunde nicht. Dort sind die Ansprüche, hinsichtlich derer sich der
"Zahlungspflichtige" der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, lediglich
als "etwaige Verpflichtungen zur Zahlung bestimmter Geldsummen" bezeichnet. Es
fehlt damit an einer konkreten Bezeichnung der "etwaigen Zahlungsansprüche".
Diese können dementsprechend allenfalls dadurch ermittelt werden, dass die
notarielle Urkunde in ihrer Gesamtheit darauf überprüft wird, ob sich dort
gegebenenfalls derartige Zahlungsansprüche finden lassen. Damit würden die
Erschwernisse des Vollstreckungsverfahrens eintreten, die durch die
"Bezeichnung" der Ansprüche gerade vermieden werden sollen.
III.
19
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.